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18.11.2011 … Nach den Rechten sehen

Unterschätzte weibliche Neonazis: Deutsch, weiblich, militant +++ Justizministerin will Fusion der Verfassungsschutzämter +++ Kommt ein NPD-Verbot?

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Wie Nazis die Taten der NSU in sozialen Netzwerken diskutieren,
berichteten wir gestern – abwehrend aus taktischen Gründen:
| Von wegen Solidarität: Für die NPD sind die NSU-Terroristen keine „Nationalisten“

Unterschätzte weibliche Neonazis: Deutsch, weiblich, militant
Zwanzig Prozent der Neonazis sind Frauen. Häufig werden sie übersehen und unterschätzt. Ihr unpolitisches Fremdbild nutzen sie bewusst aus (taz, Lola für Lulu). Beate Zschäpe sitzt derweil in der JVA Köln ein (Rheinsche Post).

Zusammengeschlagen von Beate Zschäpe auf dem Weihnachtsmarkt
Katharina König, thüringischer Landtagsabgeordnete der LINKEN, machte in den 1990er Jahren selbst brutale Erfahrungen mit der Nazi-Szene in Thüringen – und auch konkret mit Beate Zschäpe, der Mörderin in der rechtsextremen Terrorgruppe NSU (t-online).

Tausende von Namen und Adressen
Wie der Focus berichtet, fand die Polizei in der NSU-Wohnung doch nicht nur eine Liste mit 88 Namen, sondern Datensätzen von Tausenden Namen und Adressen, die für die Täter – als potenzielle Opfer? – interessant waren.

Was hatte die NSU mit Bayern zu tun?
Robert Andreasch, Mitarbeiter des antifaschistischen Archivs aida erläutert: Robert Andreasch, Mitarbeiter des antifaschistischen Archivs aida: Fünf von neun Morden der rassistischen Serie haben in Bayern stattgefunden. Es liegt also nahe, dass es Kontakte und Strukturen gibt, die diese Morde in Bayern ermöglicht haben. Dass als Schwerpunkt der Taten die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Bayern gewählt wurden, ist kein Zufall: Das sind die Länder, in denen Rechtsextremisten von staatlicher Seite am wenigsten Gegenwind bekommen (tz).

Justizministerin will Fusion der Verfassungsschutzämter
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist für die Zusammenlegung von Geheimdienstämtern: Aus 16 könnten drei oder vier werden. Das Bundeskriminalamt sieht das ähnlich. Auch die anderen Parteien signalisieren Zustimmung(ZEIT). Aber wie ist der Verfassungsschutz bisher organisiert? BILD.de hat eine interessante Grafik dazu. Innenminster Friedrich bevorzugt eine gesamtdeutsche Anti-Terror-Datei. Heute ist Krisengipfel der Innen- und Justizminister von Bund und Ländern in Berlin (n24.de)

Unklar ist auch noch, wie der Opfer gedacht werden soll (taz).

Kommt ein NPD-Verbot?
Nachdem Ermittler durch eine DVD mit rechtsextremistischen Hasstiraden das Motiv der Mörder erkannt hatten, kam wieder die Forderung nach einem Verbot der NPD auf. Auch die Bundeskanzlerin befürwortet einen neuen Versuch. Der erste war vor Jahren am Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil der Verfassungsschutz Verbindungsmänner in NPD-Führungsgremien hatte. Nach Ansicht von SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz ist ein neuer Verbotsantrag so gut wie sicher. Er rechne in spätestens fünf Monaten damit, sagte Wiefelspütz der Westfälischen Rundschau. Wiefelspütz verwies darauf, dass die CDU nach den Mord-Anschlägen der Thüringer Neonazi-Zelle ihre Haltung zu einem Verbot der rechtsextremen Partei verändert hatte. Merkel, die auch CDU-Chefin ist, sei „bekannt für stramme Kurswechsel. Sie meint es ernst“, sagte der SPD-Politiker (ZEIT).

Dazu passt ein Kommentar von Professor Christoph Butterwegge: Wie bereits nach dem Düsseldorfer Handgranatenanschlag im Juli 2000 konzentriert sich die Diskussion über den Rechtsextremismus auch jetzt wieder auf die Streitfrage, ob ein NPD-Verbot beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden solle oder nicht. Um den organisierten Rechtsextremismus zu schwächen, muss man aber die Demokratie stärken (publikative.org).

mut-gegen-rechte-gewalt.de fragt: Was bringt ein Verbot überhaupt?

Das falsche Spiel rechtsextremer VS-Spitzel
Die Debatte um die Rolle des Verfassungsschutzes im Fall der Terrorgruppe ?Nationalsozialistischer Untergrund? wirft viele Fragen zum Umgang mit V-Leuten auf. Nicht selten haben die angeheuerten Neonazis mit Wissen ihrer rechten Führungskader großzügige Honorare kassiert und dafür geschönte Berichte an den VS geliefert. Die Liste von Pannen bei fragwürdigen Spitzel-Einsätzen in der Szene ist lang. Der Störungsmelder präsentiert eine Auswahl der brisantesten Fälle. Es geht um Waffen, Drogen und Nazi-Propaganda (Störungsmelder).

Zahl der V-Leute in NPD seit letztem Verbotsversuch noch erhöht
Wie die Zeit berichtet, sind aktuell bis zu 100 V-Leute in der NPD aktiv. Damit hat sich ihre Anzahl seit dem NPD-Parteiverbotsverfahren im Jahr 2003 sogar noch gesteigert. Das Verbot war damals auf Grund der V-Leute des Verfassungsschutzes vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen worden. Sie stünden auch einem weiteren Verfahren im Weg.
(Die Zeit)

„Politiker, Polizei und Verfassungsschutz müssen überprüft werden auf mögliche Affinitäten zum Rechtsextremismus“
Die Vorsitzenden der Amadeu Antonio Stifung, Anetta Kahane, fordert in einem Interview einen würdigeren Umgang mit den Opfern rechter Gewalt. Noch immer existiert eine große Kluft zwischen den offiziellen Zahlen und den aktuellen Ergebnissen der Stiftung. Die weiteren Themen sind die Möglichkeiten im Kampf gegen Rechtsextremismusn, ihrer Finanzierung sowie die Forderungen nach einem NPD-Verbot.
(tagesschau.de)

Rechtsterroristisch oder militant?
Rechtsextremismus-Experte Hans-Gerd Jaschke meint: Die Neonazi-Morde der NSU seien kein Terrorismus, sondern das Werk einer militanten Gruppe, die ihren Hass auf ausländische Minderheiten ausgelebt habe (zdf.de).

„Probleme, die man nicht gerne hat, unterschätzt man leicht“
Nach Ansicht des Bielefelder Konfliktforschers Andreas Zick ist der Rechtsextremismus in Deutschland längst etabliert. Deutschland habe den rechten Terror unterschätzt, sagte der Wissenschaftler der Zeitung ?Westfalen-Blatt?. ?Probleme, die man nicht gerne hat, unterschätzt man leicht. Wir haben seit Jahren eine immer härtere Form rechter Gewalt. Dass sich dann eine Terrorzelle bilden kann, lag nahe, war absehbar.? Derzeit sei das große Problem, so Zick, ?dass sich viele Gruppen wieder auf den Straßenkampf konzentrieren. Wenn die Hemmschwelle einmal überschritten ist, sind auch rechtsextreme Amokläufe in Zukunft nicht ausgeschlossen.? (PR Sozial)

Drei rechtsextreme Veranstaltungen am Wochenende in Rheinland-Pfalz
Mit Blick auf die Thüringer Neonazi-Zelle wollen die rheinland-pfälzischen Sicherheitskräfte bei drei rechtsextremen Kundgebungen an diesem Wochenende besonders wachsam sein. In Herschberg in der Westpfalz plant die NPD an diesem Freitagabend, zynischerweise im Veranstaltungszentrum «Haus der Demokratie», unter anderem wegen der bundesweiten Neonazi-Mordserie eine Versammlung. Erwartet werden laut Lewentz mehrere Dutzend Teilnehmer. Am Samstag läuft in Remagen am Rhein ein «Gedenkmarsch für die Toten in den alliierten Rheinwiesenanlagen», einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager. Der Innenminister rechnet nach eigenen Worten hier mit bis zu 300 teils gewaltbereiten Rechtsextremisten. Auch eine Gegendemonstration ist angemeldet. In Bretzenheim bei Bad Kreuznach wollen am Totensonntag Rechtsextreme beim Mahnmal für das ehemalige Kriegsgefangenenlager «Feld des Jammers» zusammentreffen. Regierungschef Beck kündigte seine Teilnahme an einem dortigen ökumenischen Friedensgebet zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Faschismus an, «um das Engagement gegen Rechts zu unterstützen» (Rhein-Zeitung).

Chemnitz: Protest gegen Eröffnung von NPD-Schulungszentrum am heutigen Freitag
Die NPD will am Freitag im Chemnitzer Stadtteil Markersdorf ein „nationales Bildungszentrum“ einweihen. Es wäre nach Angaben der rechtsextremen Partei das vierte in Sachsen. Eine offizielle Mitteilung gab es nicht, aber Funktionäre, wie der Chef des NPD-Verbands Nordsachsen, Maik Scheffler, informierten im Internet über die bevorstehende Eröffnung. Heute nachmittag rufen aktive Bürger zu Protesten auf (mdr).

Köln: „Pro Deutschland“ darf am Samstag marschieren
Die Polizei hat den Aufmarsch der rechtspopulistischen Organisation Pro Köln am Samstag im Stadtteil Kalk genehmigt. Bündnisse rufen zu Protesten auf (Welt, Kölner Stadtanzeiger).

Freital: Eklat am Volkstrauertag
Der Bund der Vertriebenen und die Stadtverwaltung hatten am Volkstrauertag zu einer Kranzniederlegung auf dem Deubener Johannisfriedhof eingeladen. Doch noch bevor die Feierstunde beginnen konnte, tauchten vier Vertreter der NDP mit ihrem Blumengebinde auf und mischten sich unter die Besucher. ?Das ist sehr ärgerlich?, sagt Günter Thiel vom Bund der Vertriebenen. Aber er sah keine Möglichkeit, die vier Personen, die nach seiner Einschätzung völlig unpassend gekleidet waren, wieder wegzuschicken. Freitals Oberbürgermeister Klaus Mättig und Stadtrat Gerd Schaffrath legten den Kranz der Stadt nieder. Sekunden später standen die Rechten vor dem Gedenkstein. Es gab keine Worte der Distanzierung, stattdessen spielte eine Bläsergruppe (Sächsische Zeitung).

Dänemark: Nazis üben für den „Rassenkrieg“
Ein Teil der dänischen Rechtsextremisten bereitet sich nach Erkenntnissen des dortigen Geheimdienstes (PET) auf einen „Rassenkrieg“ vor. Eine kleine Minderheit von Rechtsextremen veranstalte Schießübungen, zudem würden politische Gegner aufgelistet, heißt es in einer Erklärung der Behörde. Dieser Teil der Rechtsextremisten sei bereit, in dem geplanten „Rassenkrieg“ Gewalt anzuwenden (n-tv).

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