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29.04.2011 … Nach den Rechten sehen

Ermittlungen nach Brandanschlag in Winterbach: 40 Tatverdächtige +++ Staatsanwaltschaft beantragt Prüfung des Falls des Neonazi-Bombenplaners aus Weil am Rhein +++ Zum 1. Mai rüsten sich Bremen, Greifswald, Heilbronn und Halle gegen Neonazis.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Winterbach: Die Polizei ermittelt intensiv nach der Nazi-Hetzjagd in Winterbach vor knapp drei Wochen. Inzwischen ist der Kreis verdächtiger Personen auf rund 40 Personen angewachsen: Auf dem Gartengrundstück eines Rechtsextremen, waren zeitweise bis zu 60 Personen versammelt. Von dieser Versammlung ging der Angriff aus, der im Anzünden einer Gartenhütte kulminierte, in der angegriffene Männer mit Migrationshintergrund Schutz gesucht hatten. Gegen 18 Rechtsextreme besteht ein engerer Tatverdacht (Schwäbische Post, BIlD).

Kann es sein, dass ein Neonazi mehr als 22 Kilogramm Zutaten für die Herstellung von Sprengstoff hortet und dann nicht bestraft wird? Darüber muss auf Antrag der Staatsanwaltschaft in Lörrach nun das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entscheiden. Damit wehrt sich die Staatsanwaltschaft gegen eine Entscheidung des Landgerichtes Freiburg, das keine Anklage gegen Thomas B. aus Weil am Rhein zuließ, weil das Horten der Chemikalien kein hinreichender Beweis für die Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages sei(Badische Zeitung).

Die Münchner SPD will mit einer parlamentarischen Anfrage klären, ob der Rechtsextremist Martin Wiese gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen hat, als er am Montagabend mit rund 50 anderen Rechtsextremisten an einer Mahnwache auf dem Münchner Marienplatz teilgenommen hat. Wiese war im Sommer 2010 mit der Auflage aus der Haft entlassen worden, sich unter anderem von seinen Kumpanen in der rechten Szene fernzuhalten (T-Online-News, Süddeutsche).

In der FAZ analysiert Olaf Sundermeyer, wie die NPD den Fußball nutzt, um Skandale zu provozieren, die ihr die ersehnte Öffentlichkeit bringen.

Leipzig: Am Sonnabend wird auf der Alten Messe in Leipzig das schon traditionelle Courage-Konzert gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus stattfinden. Es ist die bereits 14. Ausgabe des gleichermaßen musikalischen wie auch politischen Events. Interview mit Sebastian Krumbiegel (LVZ).

Bremen: Mehrere tausend Menschen wollen am Samstag gegen einen NPD-Aufmarsch in der Bremer Neustadt protestieren. Die Organisatoren der Gegenproteste rechnen mit 5.000 bis 10.000 Teilnehmern – und 200 Nazis (BILD, Weser-Kurier).

Greifswald: Passend zum 1. Mai mit einem geplanten NPD-Aufmarsch und Gegendemonstrationen kommt es am Abemd des 29. April zu einem ?Storchkraft statt NPD?-Bandcontest. Es ist die vierte Vorrunde, an der fünf verschiedene Bands teilnehmen (Webmoritz).

Greifswald II: Das Bündnis „Greifswald Nazifrei“ ruft für Donnerstagabend um 18 Uhr zu einer spontanen Versammlung auf dem Greifswalder Marktplatz auf. Dies wird zurzeit über die Internetplattform „facebook“ gepostet. Hintergrund ist der offenbar von Rechtsextremen verübte Brandanschlag auf das internationale Kultur- und Wohnprojekt (IkuWo) in der Hansestadt. Dort war am frühen Mittwochmorgen ein Fahrzeug im Innenhof des Gebäudes in Brand gesteckt worden. Dabei erlitt eine Person leichte Verletzungen und musste mit einer Rauchvergiftung im Krankenhaus versorgt werden (Nordkurier, NDR).

Überblick zu Neonazis und Gegenprotesten am 1. Mai: netz-gegen-nazis.de, ZEIT online, taz.

Im Vorfeld der Proteste zum 1. Mai gab es Brandanschläge in Greifswald und Alt Ungnade. In Greifswald wurde ein Auto im Hof eines linken Wohnprojektes angezündet, in Alt Ungnade (bei Greifswald) haben Unbekannte in der Scheune eines alternativen Jugendzentrums Strohballen angezündet. Die Bewohner konnten das Feuer selbst löschen und entdeckten dabei am Haus ein aufgemaltes Hakenkreuz (NDR).

Im September sind Neuwahlen in Mecklenburg-Vorpommern und die NPD hat Chancen, wiedergewählt zu werden. Warum eigentlich? Was macht die NPD in Mecklenburg-Vorpommern so erfolgreich? Zwei Autoren vom Deutschlandradio-Kultur haben sich auf einer NPD-Basis-Veranstaltung umgehört (Manuskript pdf).

Viel ist nicht los in Sotterhausen. Es gibt ein paar Vereine, darunter die Feuerwehr sowie den Traditions- und Heimatverein. Und dennoch ist das 240-Seelen-Dorf im südlichen Harzvorland immer wieder Anziehungspunkt: für Neonazis. Sie sind zu Gast bei Enrico Marx, eine der wichtigsten Figuren der rechtsextremen Szene in der Region. Marx, eine Zeit lang Anführer der rechten Kameradschaft „Ostara“, wohnt in einer alten Gaststätte in der Ortsmitte (Mitteldeutsche Zeitung).

Mal wieder: Der Mecklenburger NPD-Spitzenpolitiker Udo Pastörs muss sich erneut vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Schwerin erhob gegen den Vorsitzenden der NPD-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns Anklage wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Verleumdung. In einer Parlamentssitzung Anfang 2010 soll er eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft herabgewürdigt und den Holocaust indirekt geleugnet haben (Hamburger Abendblatt, stern).

Manchmal ist BILD so herrlich übersichtlich: „Nächste Woche Samstag will die offiziell verfassungsfeindliche Partei Pro NRW wieder in Köln demonstrieren. Mit auf der ?Gästeliste? aus dem In- und Ausland: Neonazis, Hassprediger und Straftäter!“ (und dann benennt und zeigt BILD sie).

Am 8. Mai wollen Nazis zum vierten Mal in Folge im mecklenburg-vorpommerischen Demmin aufmarschieren. NPD und ?Freie Kräfte? rufen unter dem Motto ?8. Mai 45 ? Kein Grund zum Feiern. Vergessen wir Tod, Leid und Besatzung nicht? zu einem Trauermarsch zum ?Gedenken der deutschen Opfer? auf. Als Redner sind die NPD-Größen Udo Pastörs, Tino Müller und Michael Gielnik angekündigt. Demminer Stadt und Bürger organisieren dagegen ein Friedensfest (Endstation rechts).

Ungarn: Im zentralungarischen Gyöngyöspata fliehen die Roma erneut vor Rechtsradikalen, nachdem es am Dienstagabend zu einer Schlägerei mit vier Verletzten gekommen ist. Der Ort ist seit Wochen Brennpunkt der Konflikte zwischen Roma und Rechtsextremisten (Der Standard, Spiegel online).

Peinlich: „Die Linke“ in Duisburg sucht den Verantwortlichen, der ein antisemitisches Flugblatt auf die Homepage gestellt hat. Die Suche ist aber offenbar schwierig, weil viele Leute auf der Website Schreib- und Administrator-Rechte haben. Nach WDR-Recherchen kursiert das Hetzblatt schon seit Jahren im Netz (WDR).

Frankreich: Leonardo Colangelo sieht nicht so aus, wie man sich einen strammen Rechten vorstellt. Aber es ändert nichts daran: Colangelo, 61 Jahre alt, pensionierter Grundschullehrer, Besitzer des Restaurants „La Paix“, der Frieden, ist kein Kommunist mehr. Er ist zum Feind übergelaufen, zum Front National. „Dort finde ich mich politisch am ehesten wieder“, gesteht er. Die Partei halte in Ehren, was ihm kostbar sei: soziale Gerechtigkeit. Aufrichtigkeit, Familiensinn. „Schauen Sie mich nicht so komisch an“, sagt er dann und lacht. „Ich bin kein Heißsporn, ich bin ein ganz normaler Bürger.“ (Analyse zum Erfolg der „Front National“ in der Berliner Zeitung)

Österreich: Dritter Hintermann der Neonazi-Website „Alpen-Donau.info“ verhaftet (Krone).

Der Verein Tacheles Uecker-Randow kämpft gegen Rechtsextremismus. Mit Sitz in Ueckermünde führt er die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema in der gesamten Region. Esther Stosch sprach mit dem Vereinsvorsitzendem Gerd Walther über den Verein (Nordkurier).

Hauptsache verboten? Anstatt die NPD zu verbieten, muss man sich Gedanken machen, wie gute Projektarbeit funktionieren kann. Doch lieber legt man der Zivilgesellschaft Steine in den Weg. Je öfter die Diskussion um ein NPD-Verbot aufgewärmt wird, desto hilfloser wirkt sie (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

Am 1. Mai 2011 wird der deutsche Arbeitsmarkt für die Bürgerinnen und Bürger der östlichen Mitgliedsländer der Europäischen Union geöffnet. Bei der NPD ist dies ein beliebtes Thema, um polenfeindliche Ressentiments in Mecklenburg-Vorpommern zu schüren (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

Der Hamburger Historiker Volker Weiß hat mit dem Buch ?Deutschlands Neue Rechte ? Angriff der Eliten ? Von Spengler bis Sarrazin? einen äußerst lesenswerten und erhellenden Beitrag zu der sogenannten Sarrazin-Debatte veröffentlicht. Weiß untersucht die deutsche Untergangsliteratur seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und fördert aufschlussreiche Details ans Tageslicht (npd-blog.info).

Während Adolf Eichmann mit einem Lächeln seinen Prozess in Israel begleitete, versuchte die DDR mit der „AktionJ“ den braunen Charakter der BRD zu offenbaren. Doch zeigte sie damit nur ihren eigenen tiefsitzenden Antisemitismus (Amadeu Antonio Stiftung).

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