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27.07.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Leonberg: Gefängnisstrafe im Gaspistolen-Prozess +++Berlin: Prozess gegen Vater und Sohn wegen Nazimusik als „Midgards Stimme“ +++ Rechtsrock auf der Abschlussfeier: Wussten die Lehrer*innen doch von nichts?

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Leonberg: Gefängnisstrafe im Gaspistolen-Prozess

In die Hornhaut des Opfers hatten sich unzählige kleine Steine eingebrannt“, sagte Jan Zurdel, Oberarzt der Augenklinik am Katharinenhospital in Stuttgart, vor dem Leonberger Amtsgericht. Das ­versengte Auge gehört dem Opfer eines ­Naziangriffs, der sich in den frühen ­Morgenstunden des 12. März vergangenen Jahres in der Altstadt abgespielt hatte. Dem damals 17-Jährigen wurde mit einer Gaspistole aus kurzer Distanz ins Gesicht geschossen. Am gestrigen Donnerstag fiel das Urteil gegen den Schützen. Der Täter plädierte auf Notwehr, das Gericht sah dies anders. Zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe wegen gefährlicher und versuchter schwerer Körperverletzung lautete das Urteil. „Wir ­können nicht akzeptieren, dass Menschen mit Waffengewalt gegen Andersdenkende vorgehen“, sagte Richter Blattner (Stuttgarter Zeitung).

Berlin: Prozess gegen Vater und Sohn wegen Nazimusik als „Midgards Stimme“

Vater und Sohn werden seit Jahren der rechten Szene zugeordnet und stehen seit Donnerstag vor Gericht: Uwe D. (49) und Gordon D. (26) müssen sich wegen Verbreitung rechtsextremer Musik verantworten. Der Sohn trat unter dem Namen „Midgards Stimme“ in Erscheinung. Laut Anklage sollen sie zwischen 2006 und 2009 Hasslieder produziert und verbreitet haben. Der Vater habe Texte, in denen NS-Gedankengut propagiert sowie Hass auf Juden, Muslime, dunkelhäutige Menschen, Szeneaussteiger und Punks geschürt wird, über einen rechten Internetradiosender vorgestellt (Tagesspiegel.de, Welt online, BNR).

Rechtsrock auf der Abschlussfeier: Wussten die Lehrer*innen doch von nichts?

Nachdem Schüler*innen der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Kirchberg im Hunsrück auf der Schulabschlussfeier einen Song der rechtsextremen Band „Sleipnir“ zu Gehör brachte (netz-gegen-nazis.de berichtete), gibt es nun ein erstes Lehrer-Statement: Torsten Stoffel, stellvertretender Schulleiter der KGS, dementierte die Schüler-Angabe, dass Lehrer*innen aus Protest den Raum verlassen hätten . Sozialkundelehrer Stoffel war dabei, als die Schüler das Lied der Nazi-Band sangen, und kann sich an keinen Protest erinnern. „Es gab während der Feier keine Diskussionen darüber“, sagte Stoffel SPIEGEL ONLINE. Auch seien ihm persönlich weder das Lied noch die Band Sleipnir bislang bekannt gewesen. Man werde prüfen, wer für den Vorfall verantwortlich ist und versuchen, mit den für die Band verantwortlichen ehemaligen Schülern Kontakt aufzunehmen (Spiegel online).

Brandenburger wird Verfassungsschutzchef in Sachsen

Aufstieg für einen brandenburgischen Verfassungsschützer: Der bisherige Rechtsextremismus-Experte der Behörde, der 43-jährige Gordian Meyer-Plath, wird neuer Chef des Verfassungsschutzes in Sachsen. Das gab das dortige Innenministerium gestern bekannt. Der bisherige Präsident Reinhard Boos hatte kürzlich überraschend seinen Rückzug erklärt und um Versetzung gebeten. Er zog damit Konsequenzen aus einer Panne des Geheimdienstes bei der Aufklärung der Mordserie der Zwickauer Neonazi-Zelle NSU (Märkische Allgemeine).

Sprengstoff-Fund im Rocker-Kinderzimmer

Der 21-jährige Azubi aus Köln  lebte zwar noch bei seinen Eltern, ist aber bei den „Hells Angels“ aktiv und besaß aber schon 100 Gramm Schwarzpulver mit Zündschnüren, Abschussrampen für Panzerfäuste (allerdings ohne Geschosse), Messer und Gaspistolen. Und dazu Nazi-Fahnen und Rechtsrock-CDs (BILD).

Nazi-Veranstaltungen in MV: Polizei kann Konzerte nur selten verhindern

26 rechtsextreme Konzerte hat die Polizei 2011 registriert – verboten wurde eins. Auch auf Usedom ist ein einwöchiges Camp der Szene geplan im zeitlichen Umfeld des „Pressefestes“ des NPD-Blattes „Deutsche Stimme“ beim vorpommerschen Viereck geplant (Nordkurier).

„NPD-Deutschlandfahrt“ in Bonn und Trier: Rechtsextreme auf verlorenem Posten

Trotz des geringen Zuspruchs setzt die NPD unbeirrt ihre „Deutschlandfahrt“ fort. Gestern hießen die Kundgebungsorte Bonn und Trier. Dort bot sich das gewohnte Bild: Die Parteifunktionäre gingen mit ihren Hetzreden im lautstarken Prost der Gegendemonstranten unter. In Bonn versuchte ein Mann zudem, NPD-Chef Apfel zu attackieren. Ein 36-jähriger Mann sei laut Polizeiangaben auf einen NPD-Redner zugestürmt. Bevor er diesen erreichte, sei er aber von einem der anwesenden Parteisympathisanten zu Boden gerissen worden. Dabei habe sich der Angreifer leicht verletzt (Endstation rechts). In Mainz gab es gestern Proteste (Frankfurter Rundschau)

Heute: Ökumenische Aktion gegen Rechts: Friedensgebet in Eisenach + Proteste in Frankfurt

Die NPD darf nun doch am heutigen Freitag in Eisenach auflaufen. Dagegen protestieren Bürgerinnen und Bürger mit einem ökumenischen Friedensgebet, das auch die Oberbürgermeisterin unterstützt (tlz.de). Auch in Frankfurt wird die NPD heute erwartet – zu Protesten wird aufgerufen (Frankfurter Rundschau).

Bis zur braunen Linie und darüber hinaus: Rechter Rocker Sacha Korn

Per Pressemitteilung verkündete der Berliner Musiker und Produzent Sacha Korn, der Brandenburger Verfassungsschutz müsse eine Falschbehauptung über ihn in seinem aktuellen Jahresbericht schwärzen. Dort hieß es auf Seite 110, Korn habe 2011 zwei CDs veröffentlicht. Allerdings darf die Behörde nicht weiter verbreiten, dass der „rechtsextremistische Liedermacher“ (unter dieser Kategorie führen ihn die Brandenburger Schlapphüte) auf einer NPD-Veranstaltung aufgetreten sei. Trotzdem halten die Potsdamer Verfassungsschützer an ihrer Einschätzung fest: Korns Lieder hätten zweifelsfrei einen rechtsextremistischen Hintergrund (Endstation rechts).

Rassistischer Tweet kostet griechische Weitspringerin Olympia

Rassismus, nein danke: Nach einem rassistischen Tweet wurde die griechische Weitspringerin Paraskevi Papachristou aus ihrem Team geworfen.  „Bei so vielen Afrikanern in Griechenland werden zumindest die Mücken vom West-Nil Essen von zu Hause bekommen“, hatte Papachristou geschrieben. Der Tweet war eine Anspielung auf einen Ausbruch des West-Nil-Fiebers in Athen, dem ein Mann zum Opfer gefallen war (DerWesten).

Deutscher veröffentlicht Breivik-Schlusswort im Internet

Ein deutscher Internet-User hat das vom norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik vor einem Monat in seinem Prozess gehaltene Schlusswort per YouTube ins Netz gestellt und damit Proteste ausgelöst. Die Anwälte der Angehörigen von Breiviks 77 Opfern verlangten am Donnerstag, dass die Aufnahme gelöscht werden müsse. Das Gericht hatte das Publizieren von Breivik-Aussagen im Gerichtssaal untersagt (Welt online). Breivik soll währenddessen aus dem Gefägnis fleißig mit Gesinnungsgenossen kommunizieren, berichten norwegische Medien.  Der 33-Jährige will ein Netzwerk rechtsradikaler Gefängnisinsassen aufbauen (ZEIT online)

Thüringer LKA findet NSU-Akten nicht mehr

Es geht wieder einmal um Akten, die nicht mehr da sind. Diesmal gehören sie zur Soko „Rechte Gewalt“ des LKA Thüringen. Die Akten hatten offenbar einen Bezug zur NSU-Terrorzelle (Welt online).

 „Die Rechte“: Worchs neue Rechts-Partei will NPD ersetzen

Aufruhr in der rechtsextremen Szene: Der Platzhirsch NPD bekommt Konkurrenz von einer neuen Partei. Die Formation nennt sich „Die Rechte“ und gibt sich seriös – doch dahinter steckt der berüchtigte Neonazi Christian Worch von den Freien Kameradschaften (Spiegel online).

Rechtsextreme Seiten abgeschaltet: „Wir sind verboten, na und?“

Unter dem Druck von Hackern und Ermittlern: Mehrere rechtsextreme Internetseiten sind nicht mehr erreichbar, zuletzt erwischte es den Blog Deutschlandecho. Die Nutzer weichen in soziale Netzwerke aus (sueddeutsche.de).

Das „Hexogen“ in Berlin ist kein normales Geschäft

Das Landgericht Berlin hat am Montag die Räumungsklage gegen das Ladengeschäft „Hexogen“ im Stadtteil Schöneweide abgewiesen. Dieses Urteil ist bedauerlich, stellt aber keinen Freifahrtsschein für rechtsextreme Infrastruktur in Berlin und auch sonst nirgendwo dar (Störungsmelder).

Mädels backen Nazi-Torten

Gruseliger geht es kaum: Nazifrauen laden zum „Spargelessen gegen Überfremdung“ ein, backen Hakenkreuz-Torten oder kaufen dem Nachwuchs einen Wehrmachtshelm aus Plastik. Diese Beispiele nannte Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke am Mittwochabend im Autonomen Frauenzentrum bei einer gut besuchten Veranstaltung der Reihe „Nazis 2.0“ über neue Strategien der Rechtsextremen. Sie berichtete auch von Beispielen aus Brandenburg  (Märkische Allgemeine).

Madonna kontert im Streit mit Marine Le Pen

Madonna zeigte die französische Rechtspopulistin mit Hakenkreuz, Marine Le Pen drohte im Gegenzug mit Klage. Bei ihrem Konzert in Paris gab es nun statt einem Hakenkreuz ein Kompliment an das tolerante Frankreich. „Ich weiß, dass ich eine gewisse Marine Le Pen sehr verärgert habe und es ist nicht meine Absicht, mir Feinde zu machen“, sagte die Popdiva kurz nach dem Beginn ihrer Show am Donnerstagabend. Zu Zeiten, da es schwarzen Künstlern in den USA verboten gewesen sei, aufzutreten, seien Größen wie Josephine Baker und Charlie Parker in Frankreich „mit offenen Armen“ empfangen worden, sagte sie. Sie hätten sich in dem toleranten Land „willkommen“ gefühlt (stern.de).

„Love Music – Hate Racism“ – OB unterstützt Tanzdemo gegen Rassismus

Das Aktionsbündnis „Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage“ veranstaltet am Sonnabend, dem 28. Juli 2012, eine Tanzdemonstration gegen Alltagsrassismus und rassistische Gewalt (halleforum.com).

Thüringen: Gemeinsame Bündnisse gegen Nazis

In vielen Thüringer Kommunen hat sich in den vergangenen Jahren ein breites demokratisches Spektrum gegen Rechtsextremismus gebildet. Jeder, der sich gegen Nazi- Aufmärsche und andere rechtsextreme Veranstaltungen wehren will, findet sein Betätigungsfeld und die ihm gemäße Protestform (tlz.de).

Festival gegen Rassismus im August in Berlin

Unter dem Motto “Rassismus benennen. Vernetzung gegen Rassismus bundesweit organisieren!” hat ein Aktionsbündis ein Musik- und Kultur-Festival in Berlin geplant. Vom 17. bis 19. August veranstaltet deshalb ein breit angelegtes antirassistisches Bündnis ein „Festival gegen Rassismus“, das am Blücherplatz in Berlin Kreuzberg stattfinden wird. Ziel ist die Schaffung einer bundesweiten Plattform zur Vernetzung von rassismus-kritischen Gruppen und Initiativen. Diese Plattform könnte die Chance bieten, eine breite Gegenöffentlichkeit zum herrschenden Diskurs in Deutschland herzustellen (Störungsmelder).

 Wie nutzen Rechtsradikale das Internet? Musik, Videos und soziale Netzwerke

Das Internet bietet für das Vermarkten der eigenen Gedanken ganz neue Möglichkeiten. Potentiell schaut die ganze Welt zu. Das wissen nicht nur Möchtegern-Popstars, sondern auch Rechtsradikale und sie nutzen das Netz für ihre Zwecke. In unserer Serie „Der Norden schaut hin“ hat sich Radio-Bremen-Reporter Marcel Heberlein angesehen, was die Rechten im Internet treiben. Dazu befragte er Simone Rafael von Belltower.news (Radio Bremen).

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