Weiter zum Inhalt

26.10.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Asyl-Debatte: Innenminister Friedrich provoziert Sturm der Empörung +++ NSU-Untersuchungsausschuss: Bundeskriminalamt verteidigt Ermittlungen zu Mordserie +++ Baden-Württemberg: Beamter warnte Ku-Klux-Klan vor Überwachung.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Asyl-Debatte: Innenminister Friedrich provoziert Sturm der Empörung

Schärfere Regeln für Asylbewerberinnen und Asylbewerber, weniger Geld sowieso und ein Stopp der Visafreiheit für zwei Balkanländer: Die jüngsten Forderungen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) haben einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Opposition und Menschenrechtsverbände warfen ihm am Donnerstag „rechtspopulistische Demagogie“ und das Schüren „rassistischer Vorurteile“ vor. Beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg erhielt Friedrich derweil Rückendeckung von seinen Kollegen aus Österreich und Schweden, auch wenn vorerst keine politischen Entscheidungen fallen werden. „Wer aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, soll künftig eine abgesenkte Barleistung erhalten“, hatte Friedrich der Zeitung „Die Welt“ vor dem Treffen gesagt. Dass Serbien und Mazedonien seiner Ansicht nach dazugehören, ist bekannt. Friedrichs Staatssekretär Ole Schröder sekundierte seinem abwesenden Chef in Luxemburg, sprach von „massivem Asylmissbrauch“ und verwies darauf, dass die Anerkennungsquote von Bewerberinnen und Bewerbern aus Serbien und Mazedonien gleich „gegen Null“ gehe. Die SPD-Innenexpertin Kerstin Griese warf Friedrich daraufhin vor, alle Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien über einen Kamm zu scheren. Dass Unionsabgeordnete im Europaauschuss indirekt unterstellt hätten, Flüchtlingskinder verdingten sich oft als Diebe, sei „rechtspopulistische Demagogie“. Nach Ansicht der Linksfraktion schüre Friedrich damit „weitverbreitete rassistische Vorurteile“ gegen die Volksgruppe der Roma, der viele Flüchtlinge angehören. Entsetzt reagierte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck: „Diese technokratische Kälte gegenüber den Ärmsten der Ärmsten in der EU, die kaum wissen, wie sie über den Winter kommen sollen, schockiert mich.“ (Welt Online) In einem Kommentar bezeichnet der „Tagesspiegel“ Friedrichs Äußerungen, die dieser ausgerechnet am Tag nach der Einweihung des Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma wiederholte, als „unwürdig“. (Tagesspiegel)

NSU-Untersuchungsausschuss: Bundeskriminalamt verteidigt Ermittlungen zu Mordserie

Der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Jürgen Maurer, hat vor dem NSU-Untersuchungsausschuss Versäumnisse bei den Ermittlungen zur Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe eingestanden. Er sagte, die Behörden hätten sich unter Umständen zu früh auf die Hypothese konzentriert, hinter den Taten steckten Strukturen der organisierten Kriminalität. Es gebe das Grundproblem bei der Polizei, „dass wir zu schnell glauben, dass wir uns auf eine Richtung festlegen müssen“. Es habe aber zunächst keine Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund gegeben. (Tagesschau.de, faz.net) Maurer bezeichnete es als schockierend und erschreckend, dass es über Jahre nicht gelungen sei, die Morde, Bombenanschläge und Überfälle aufzuklären und das Terrortrio aufzugreifen. Für ihn selbst sei das eine bittere Erfahrung. (Rheinische Post)

Baden-Württemberg: Beamter warnte Ku-Klux-Klan vor Überwachung

Geheimnisverrat aus den eigenen Reihen: Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat den Landtag darüber unterrichtet, dass ein Verfassungsschützer wohl den Anführer des Ku-Klux-Klans in Schwäbisch-Hall über eine Telefonüberwachung informierte. Spekulationen zufolge arbeitete dieser als V-Mann für die Behörde. Ein sicherer Beweis für den Geheimnisverrat liege aber nicht vor. Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube sprach von einem „Einzelfall“. Die Untersuchung habe keine weiteren „Verdachtsfälle mit Extremismusbezug“ ergeben. (Sueddeutsche.de, Tagesspiegel) Unterdessen hat der NSU-Ausschuss im Bundestag beschlossen, eigene Nachforschungen zur Ku-Klux-Affäre anzustellen. Das Gremium entschied am Donnerstag bei einer Sitzung in Berlin, dazu Akten anzufordern. „Wir werden dem ganz entschlossen nachgehen“, versicherte die SPD-Obfrau Eva Högl. Der Unions-Obmann Clemens Binninger (CDU) sagte, die baden-württembergische Landesregierung habe zwar Aufklärung versprochen. Mögliche Bezüge zwischen dem rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan und der rechtsextremen Terrorzelle NSU müsse der Ausschuss aber selbst aufarbeiten. Hinweise auf solche Verbindungen gebe es. (Frankfurter Rundschau, Thüringer Allgemeine)

Analyse: 145 Seiten der Abscheulichkeit für das NPD-Verbot

Es sind 145 streng geheime Seiten, die das Ende der NPD  herbeiführen könnten. Die Zusammenfassung der Materialsammlung für ein Verbotsverfahren gegen die Partei offenbart den innersten Kern der Rechtsextremen. Sie zeigt ihren Rassismus, die neonationalsozialistische Ausprägung, die verfassungsfeindliche Gesinnung. Monatelang wurden zunächst auf mehr als 1.000 Seiten Belege gesammelt. Nun gibt es eine erste Analyse. (Welt Online)

Anschläge in Berlin: Spur führt zur NPD

Hinter den vermehrten Anschlägen auf Privatpersonen und Parteibüros in Berlin-Neukölln stehen offenbar Rechtsextreme mit direkter Verbindung zur NPD. Darauf lässt laut Polizei die Internetseite des Nazi-Bündnisses „nwberlin“ schließen. Der NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke ist laut der Seite verantwortlich für die Inhalte der Homepage. (RBB Online) In den vergangenen Wochen hatten Berliner Rechtsextreme mit gesprengten Briefkästen, zerschlagene Scheiben und Nazi-Schmierereien auf sich aufmerksam gemacht. Wer steckt dahinter? Und warum werden die Täter nicht gefasst? Gelingt es den Nazis etwa, den Rechtsstaat vorzuführen? Die „Abendschau“ des RBB ist der Sache nachgegangen. (RBB Online)

Wechselt Nazi-Aufmarsch nach Magdeburg?

Der größte rechtsextreme Aufmarsch in Deutschland verschiebt sich nach Einschätzung von Anti-Rechts-Bündnissen im nächsten Jahr von Dresden nach Magdeburg. Zu den geplanten Aufmärschen in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt im Januar würden bislang 2.500 Nzis erwartet, sagte ein Sprecher des Bündnisses „Magdeburg Nazifrei“ am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. „Wir befürchten, dass sich die Rechten statt in Dresden verstärkt in Magdeburg versammeln“, fügte er hinzu. Die Aufmärsche seien für den 12. oder 19. Januar geplant. Dafür gebe es bislang zwei Anmeldungen rechtsextremer Organisationen, gegen die bereits Protest organisiert werde. Magdeburg ist alljährlich Schauplatz eines großen Nazi-Aufmarsches im Januar. Den bundesweiten größten Aufmarsch veranstalten die Nazis stets im Februar in Dresden. Diesmal beteiligten sich aber deutlich weniger Rechtsextreme an der Veranstaltung in Dresden als in den Vorjahren. Grund ist nach Einschätzung des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ und der Stadtverwaltung Dresden der andauernde Protest gegen die Rechtsextremen. (Mitteldeutsche Zeitung)

Hitlers Enkel: NPD plant Fackelmarsch zu Asylbewerberheim am Jahrestag der Reichspogromnacht

Ausgerechnet für den Jahrestag der Reichspogromnacht hat die NPD einen Fackelmarsch zum umstrittenen Asylbewerberwohnheim in Wolgast angemeldet. Damit stellt sich die Partei bewusst in die braune Tradition der Nationalsozialisten – und liefert so Verbotsbefürwortern neue Munition. (Endstation Rechts)

Baden-Württemberg: Die Waffen-Arsenale der Verfassungsfeinde

Aktive Rechtsextreme im Südwesten, die legal Waffen besitzen, müssen damit rechnen, dass diese entzogen werden. 35 Nazis, die dem Staatsschutz aufgefallen sind, sind dabei besonders im Fokus. Dass aktive Neonazis – etwa als Schützen – legale Waffen besitzen dürfen, ist Innenminister Reinhold Gall (SPD) ein Dorn im Auge. „Wer aktiv die Verfassung bekämpft, darf keine Schusswaffe besitzen“, sagt er. Aber: Bisher war das für die Szene kein großes Problem. Denn die 35, die nun im Fokus der Behörden stehen, sind keineswegs unbeschriebene Blätter, sondern gehören eher zum harten Kern der Szene. „Das sind alles Leute, die dem Staatsschutz bereits einschlägig aufgefallen sind“, sagt Günter Loos, Sprecher des Innenministeriums. (Südwest Presse)

Gericht: Pro NRW darf bei Demo Mohammed-Karikaturen zeigen

Die rechtspopulistische Partei Pro NRW darf bei der am Samstag in Wuppertal angemeldeten Demo gegen den Bau der Moschee an der Gathe Mohammed-Karikaturen zeigen. Am Mittwoch kassierte das Verwaltungsgericht in Düsseldorf das von der Wuppertaler Polizei ausgesprochene Zeigeverbot. Die Polizei hatte argumentiert, das Zeigen der Karikaturen würde – wie in Solingen und Bonn geschehen – zu Gewalttaten führen. Das Verwaltungsgericht verweist in seiner eineinhalb Seiten langen Begründung auf das höher zu bewertende Grundrecht der Versammlungsfreiheit. (Westdeutsche Zeitung)

Halle: Antisemitische Beleidigung im Hörsaal?

Eklat an Halles Universität: Ausgerechnet bei einer Veranstaltung, in der es um die Themen Antisemitismus und Rassismus ging, soll es zu einem antisemitischen Zwischenfall gekommen sein. Der Vorfall ereignete sich laut Polizei am Mittwochnachmittag während einer Vortragsveranstaltung in einem Hörsaal des Löwengebäudes, zu der die „Muslimische Hochschulgemeinde“ (MHG) eingeladen hatte. Titel: „Alle Menschen gleich – oder einige gleicher?“ Referentinnen waren eine Anthropologin und eine Psychologin. Nach Polizeiangaben kam es zu dem Streit, als sich zwei Besucher beschwerten, weil sie während der Veranstaltung fotografiert wurden. Zwischen den beiden Besuchern und einem der Veranstalter sei es daraufhin zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, sagte Polizeisprecher René Richter. (Mitteldeutsche Zeitung)

Nazis im Fußball: In der Rechtskurve

Nazis zeigen in der Fanszene des Fußballs neue Macht. Doch Rechtsextreme drängen nicht von außen in die Stadien – sie waren schon immer da, entgegen der Annahme, dies sei ein Problem der Vergangenheit. Besonders im Westen der Republik scheinen Neonazis den Fußball wieder für sich zu entdecken. „Diese Leute waren nie weg, diese Stimmung war nie weg. Es ist nur subtiler geworden“, sagt etwa der Sozialwissenschaftler Gerd Dembowski. (Tagesspiegel) In diesem Zusammenhang geht die „taz“ genauer auf den Zweitligisten Eintracht Braunschweig ein: Der Verein redet sein Problem mit rechtsextremen Fans im Stadion klein. Das Fanprojekt arbeitet aber schon an Gegenmaßnahmen. Seit Wochen wird darüber kontrovers gestritten. (taz)

Eisenach: Breite Zustimmung für Vorgehen gegen NPD

Dass der Landrat des Wartburgkreises der NPD am 8. November den Besuch in der Asylbewerberunterkunft in Gerstungen absagte, stößt in der demokratischen Landschaft auf Zustimmung. „Respekt, dass er da Stehvermögen gezeigt hat“, äußerte sich Sebastian Krieg vom Eisenacher Bündnis gegen Rechtsextremismus. Dass der Landrat jedoch gleichzeitig künftig das Besuchsbegehren von Parteien, politischen Gruppierungen und Interessensverbänden abwehren will, bedauert der Bündnisgrüne: „Schade, dass er da keine andere Möglichkeit sieht.“ Krieg äußerte Verständnis dafür, dass sich politische Mandatsträger, ob nun Landräte oder Bürgermeister, in Sachen Umgang mit der NPD oft allein gelassen fühlten und am Ende auf Richtlinien und gesetzliche Vorgaben zurückzögen. Wie auf zunehmende Provokationen der NPD erfolgreich reagiert werden könne, machten Städte wie Jena und Weimar vor, meint er und schlägt vor, den Umgang mit der NPD auf kommunaler Ebene einmal im Thüringer Gemeinde- und Städtebund zum Thema zu machen. Auch die Bündnisse gegen Rechtsextremismus könnten dabei helfen, Verantwortlichen Unsicherheiten zu nehmen, meint er. (Thüringer Landeszeitung)

Oberhavel: Immer mehr „Hardcorenazis“

Wenn irgendwo im Land Nazi-Bands auf unerlaubten Konzerten Hass predigen und zum Widerstand aufrufen, dann erfährt der Verfassungsschutz davon oft erst hinterher. Die örtliche Polizei ist ahnungslos. Erst wenn die Anrufe wegen nächtlicher Ruhestörung zunehmen, fällt den Beamten etwas auf. Oranienburg war im vergangenen Jahr die Hochburg solcher Konzerte. 19 zählte der Verfassungsschutz landesweit, acht davon fanden in Oranienburg statt. „Die Zahl rechtsextremer Bands steigt. Wir haben eindeutig zu viele“, sagte Winfriede Schreiber, Leiterin des Verfassungsschutzes Brandenburg, die am Mittwochabend beim Netzwerk für lebendige Demokratie über die Naziszene in Oberhavel berichtete. Sorge bereitet der Verfassungsschutzchefin auch die wachsende Zahl von Nazis. Während die DVU „am Ende“ sei und die NPD „vor sich hin schwächelt“, habe die Zahl der „Hardcorenazis“ einen Höchststand seit 1993 erreicht. Gab es damals 125, sind es heute 410 Neonazis. (Märkische Allgemeine)

180°-Wendung: Vom Neonazi zum Antifa

Gestern Autonomer Nationalist, morgen „bei der Antifa“. Dieser Sinneswandel wirkt auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar und auf den zweiten Blick nicht logisch. Doch er kommt häufiger vor, wenn auch der Weg für Aussteiger nicht immer bei Antifagruppen endet. Das Phänomen ist weit verbreitet. Immer wieder wird auch Felix Benneckenstein gefragt: „Warum ist das so?“ Anhand seines eigenen Beispiels will er einen Denkanstoß geben. (Endstation Rechts)

Bundeskongress von NPD-Nachwuchs soll erneut in Kirchheim sein

Diesen Samstag soll die Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN), eine Saalveranstaltung in der „Erlebnisscheune“ des Hotels „Romantischer Fachwerkhof“ in Kirchheim bei Arnstadt durchführen, heißt es in einer Mitteilung von Mobit. Eine ähnliche Veranstaltung habe bereits am 5. November stattgefunden. Unter anderem soll ein neuer Bundesvorstand gewählt werden. Ab 12 Uhr werden die Teilnehmenden eingelassen. Das Bündnis „Kirchheim ist bunt“ fordern mehr Unterstützung von Politik und Verwaltung gegen das Einmieten rechtsextremer Gruppen vor Ort. (Thüringer Allgemeine)

Kein Frei.Wild!

Die Band Frei.Wild ist auf Platz 2 der deutschen Albumcharts eingestiegen. Die deutschsprachige Band aus Südtirol tourt nun durch die Bundesrepublik, spielt in den ganz großen Hallen. Frei.Wild ist in die Fußstapfen der „Böhsen Onkelz“ getreten. Die Naziskin-Vergangenheit des Sängers scheint – wie beim großen Vorbild – kein Hindernis zu sein, auf Festivals in diesem Sommer spielten Frei.Wild neben großen Bands. Publikative.org und Kein Bock auf Nazis meinen: Schluss damit. (Publikative.org)

Eberswalde: „Mit dem Wachsen der Bäume wächst die Erinnerung“

Mit der Einweihung eines Denkmals an die ehemalige Synagoge in Eberswalde setzt sich die Stadt mit der Judenverfolgung im Dritten Reich auseinander und erinnert an ihr einst jüdisches Leben. (Mut gegen rechte Gewalt)

Weiterlesen

11Netanjahu in Berlin

„Kauf nicht beim Juden“ Was steckt hinter der BDS-Kampagne?

Auch in Deutschland fordern Aktivist*innen immer wieder einen Boykott israelischer Produkte oder wollen Auftritte von Künstler*innen in Israel verhindern. Der Bundestag bezeichnet die BDS als antisemitisch. Was steckt dahinter?

Von|
Eine Plattform der