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23.06.2014 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Berlin: Schwarze Joggerin rassistsich und SPD-Mitglied von Rechtsextremen angegriffen +++ Hamburg: Gebetsteppiche in der Uni angezündet +++ Weltmeisterschaft 2014: Rassistischer AIDS-Tweet einer Schülerin erzürnt das Netz.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Berlin-Friedrichshain: Schwarze Joggerin angegriffen

Die Polizei sucht Zeugen eines Vorfalls, der sich Sonnabendmittag im Volkspark Friedrichshain ereignet hat. Ersten Ermittlungen zufolge war eine Frau aus Gabun gegen 11 Uhr beim Joggen durch den Park von einem bislang Unbekannten unvermittelt mehrfach ins Gesicht geschlagen worden. Dabei beleidigte er sie fremdenfeindlich und riss an ihrer Kleidung. Die 44-Jährige erlitt Prellungen, Hämatome und Platzwunden im Gesicht und musste ambulant in einem Krankenhaus behandelt werden. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen (Tagesspiegel).

Berlin-Pankow: Rechtsextremer bedroht SPD-Mitglied

Mit Pfefferspray und Fotoaufnahmen haben Rechtsextreme in Pankow versucht, Mitglieder der SPD einzuschüchtern und mit Gewalt an ihrer Arbeit zu hindern. Wie die Polizei mitteilte, kam es an einem Infostand an der Walter-Friedrich-Straße im Zentrum des Ortsteils Buch am vergangenen Sonnabend zu einem Gerangel. Die Helfer hätten bemerkt, wie ein ihnen aus der „rechten Szene“ bekannter Mann Fotos vom Stand und den Helfern gemacht hätte. Anschließend kam es zum Gerangel, bei dem ein Standmitarbeiter von dem Täter mit Pfefferspray bedroht wurde. Der 24-Jährige – bei ihm soll es sich um den ortsbekannten Rechtsextremisten Christian S. handeln – entfernte sich der Polizei zufolge vom Stand, wurde aber wenig später von Polizisten in einem Geschäft angetroffen. Bei der Befragung beleidigte er einen Beamten. In einer Erklärung des Landesverbandes der Sozialdemokraten hieß es, dass ortsbekannte NPD-Mitglieder und Mitläufer mehrere SPD-Mitglieder tätlich angegriffen und mit Pfefferspray bedroht hätten. Unbeeindruckt hätten die SPD-Mitglieder ihre Gespräche auf der Straße fortgesetzt (Berliner

Hamburg: Gebetsteppiche in der Uni angezündet

Sie beten normalerweise ungestört in den Kellerräumen, rollen dort ihre Gebetsteppiche aus – jetzt aber wurden gläubige Studenten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) am Berliner Tor offenbar Opfer islamophober Zündler. Zweimal wurden Gebetsteppiche angezündet – der Studierendenausschuss Asta befürchtet „religiösen Rassismus“, die Kripo ermittelt. Am 6. und am 12. Juni haben die unbekannten Zündler zugeschlagen. Der erste Brand sei noch rechtzeitig durch eine Uni-Mitarbeiterin gelöscht worden, heißt es in einem Schreiben des Asta. Beim zweiten Mal musste die Feuerwehr anrücken, um das Feuer zu löschen. „Personenschäden und materieller Schaden wurden billigend in Kauf genommen, um antimuslimischen Rassismus zu verbreiten“, so der Vorstand des Asta. Er fordert nun, einen eigenen Gebetsraum für die gläubigen Studierenden einzurichten: „Wir fordern von der HAW eine transparente Aufklärung und die Verbesserung der Gebetssituation für gläubige Studierende.“ (Hamburger Morgenpost).

WM 2014: Polnischer Comedian stürmt das Feld beim Spiel Deutschland-Ghana als Flitzer – und wird für Nazi gehalten

Da hätte er sich wohl mehr Mühe in der Schönschrift geben sollen: Ein polnischer Comedian, der als Flitzer beim Spiel Deutschland-Ghana auf das Feld rannte, wurde zunächst für einen Nazi gehalten – weil er sich eine Email-Adresse auf den Bauch malte, die „HH“ und „SS“ (in Runenschreibweise) enthielt (ftbpro). Nun gab er an, dass es sich beim „SS“ um zwei Vieren handeln sollte („44“). Er heißt nach eigenem Bekunden Ludomir Leszek. Nach einigen Stunden in Haft kam er frei. Es ist nicht sein erstes Flitzererlebnis – und er ist dreist genug, nun eine Crowdfunding-Initiative für weitere zu starten. Help Leszek Ludomir get tickets to another games!, heißt die Kampagne. „Spendet, wenn ihr mehr Action bei einem anderen Spiel sehen wollt“. 2500 Dollar peilt der Pole an, die ersten 5 Dollar gingen am Sonntag ein – aber es ist unklar, ob die Kampagne auf der Seite lange Bestand hat oder gesperrt wird (Rhein-Zeitung).

Weltmeisterschaft 2014: Rassistischer AIDS-Tweet einer Schülerin erzürnt das Netz

Es hätte alles so schön sein können: ein Sieg für Deutschland (oder Ghana), viele begeisterte Fußball Fans rund um die ganze Welt. Doch es kam ganz anders: Deutschland spielte gegen Ghana unentschieden. Und eine junge Frau schoss sich ganz entschieden ins Aus, indem sie via Twitter den ghanaischen Spielern den Tod an AIDS an den Hals wünschte. Nun steht sie im Zentrum eines Shitstorms – und hat weiter nicht viel gelernt (nerdbench.de).

Rechtsextrem motivierte Kriminalität: „Keine weiteren Ermittlungsansätze“

Wegen der NSU-Morde wurden hunderte Tötungsdelikte erneut auf rechte Motive geprüft. Was kam raus? Die Regierung meint: nichts Neues. Noch ist die Prüfphase nicht vollständig abgeschlossen. Aber das Zwischenfazit der Bundesregierung, nachdem Hunderte Tötungsdelikte erneut auf ein rechtsextremes Motiv überprüft wurden, empört die Opposition. Mehr Todesopfer rechter Gewalt gebe es bisher nicht anzuerkennen, bilanziert die Regierung. Initiativen sehen das seit Jahren anders: Sie verweisen auf eine Vielzahl weiterer Opfer von Rechtsextremen. Die Linken-Innenexpertin Martina Renner übt nun scharfe Kritik: Mehr als die Hälfte der Opfer werde von der Regierung weiterhin nicht anerkannt (taz).

Merseburg: Bündnis gegen Rechts stoppt Neonazi-Aufmarsch

Ein breites gesellschaftliches Bündnis hat am Sonnabend in Merseburg gegen einen Aufzug von rund 200 Neonazis demonstriert. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde der Aufmarsch der Rechtsextremisten dabei zweimal blockiert. Laut Polizei versperrte eine erste spontane Versammlung von rund 270 Gegendemonstranten kurz vor 12 Uhr den Marschweg der Rechten. Kurz nach 13 Uhr versammelten sich dann rund 500 Gegendemonstranten am Merseburger Busbahnhof und blockierten den Aufzug der Neonazis erneut. Diese mussten ihre Kundgebung deshalb am Ort der Blockade abhalten. Insgesamt sollen sie nur wenige Hundert Meter vorangekommen sein. Nach Angaben der Polizei blieb die Situation zunächst friedlich. Zum Einschreiten habe es keinen Grund gegeben. Allerdings meldete das Merseburger Bündnis gegen Rechts, dass ein Journalist von den Neonazis niedergeschlagen und verletzt worden sei. Die Polizei bestätigte dies (mdr, ND).

Riesa: Rund 150 Teilnehmer*innen bei Protestzug gegen NPD-Parteiverlag

Rund 150 Menschen haben sich nach Polizeiangaben am Samstagnachmittag an einem Protestzug gegen den Parteiverlag der rechtsextremen NPD in Riesa beteiligt. Die Kundgebung sei ruhig und störungsfrei gelaufen, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion in Dresden. Zum Protest aufgerufen hatte ein Aktionsbündnis gegen Rechts. Ursprünglich wollten die Demonstranten direkt vor das Verlagsgebäude der «Deutschen Stimme» ziehen. Das Dresdner Verwaltungsgericht erlaubte schließlich eine Kundgebung in Hör- und Sichtweite in rund 50 Metern Entfernung vom Verlag (BILD, T-Online-News).

Neonazis in Hessen: Schutz für Nazi-Opfer

Eine bedrohte Familie erwirkt einen Gerichtsbeschluss gegen Lumdataler Rechtsextreme. Wenn die Neonazis sich nicht an die Auflagen halten, droht ihnen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Die Familie hofft, dass jetzt der monatelange Psychoterror vorbei ist (Frankfurter Rundschau).

Dortmund: Friedlicher Flashmob gegen Nazis

Um mit einem Flashmob ein Zeichen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu setzen, versammelten sich rund 250 Dortmunder auf dem Friedensplatz, während im Rathaus die erste Ratssitzung mit rechter Beteiligung abgehalten wurde. Der Protest lief friedlich und unter Aufsicht eines großen Polizeiaufgebots und teils internationaler Medienbegleitung ab. Jüngere und ältere Flashmob-Teilnehmer, Geschäftsleute, Kirchenaktivisten und demokratisch gesinnte Dortmunder ohne groß wahrnehmbarer Präsenz des linken Blocks folgten dem Aufruf von Pfarrer Friedrich Stiller und DGB-Chefin Jutta Reiter vom „Bündnis gegen Rechts“ und hielten Plakate in Form eines Ortseingangsschildes mit der Aufschrift „Dortmund hat keinen Platz für Rechtsextremismus“ in die Höhe (lokalkompass.de).

AfD distanziert sich von NPD-Kopie auf Twitter

Auf Twitter war im Namen der AfD ein von der NPD stammender Indianer-Vergleich zur Zuwanderung nach Deutschland veröffentlicht worden. Die Partei spricht nun von der „Privatmeinung eines Mitglieds“. Ein AfD-Mitglied kopierte einen alten NPD-Facebookpost zur Zuwanderung und veröffentlichte ihn im Namen der AfD auf Twitter. Darüber brach ein Shitstorm gegen die AfD los. Doch die Partei bemerkte von alldem offenbar nichts. Sie war auch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Erst nachdem sie in der „Welt“ und anderen Medien nun davon gelesen hat, reagiert die Partei (Welt).

Kunstprojekt gegen Rassismus: Anthony Yeboahs starke Botschaft für Toleranz

„Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien“: Kunststudenten und das Frankfurter Fanprojekt kämpfen mit dem Konterfei von Eintracht-Stürmerlegende Anthony Yeboah gegen Rassismus (Frankfurter Neue Presse, Frankfurter Rundschau, FAZ).

Antimuslimischer Rassismus: Sie werden als Fremde behandelt

Antimuslimischer Rassismus fördert die gesellschaftliche Ausgrenzung und Markierung von Menschen als „Muslime“. Wir sprachen mit der Rassismus- und Migrationsforscherin Iman Attia über Hintergründe und Ursachen dieses Phänomens (islamiq.de).

Kolumne zu Jerome und Kevin Prince Boateng: Die Ungleichen

Das sportliche Duell der Geschwister Kevin Prince und Jérôme Boateng wurde zum Bruderkampf stilisiert. Dabei könnten beide gut Auskunft darüber geben, was es heißt, in Deutschland Erfahrungen mit dem Rassismus zu machen. Kolumne von Anetta Kahane, der Vorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung, in der Berliner Zeitung.

Anti-Preis an Marius Jung: „Ich dachte zuerst, es ist ein Scherz“

Der schwarze, deutsche Autor und Schauspieler Marius Jung hat für sein neues Buch einen Anti-Preis erhalten. Studentenvertreter werfen ihm Rassismus vor. In seinem ersten Interview zu dem Thema erklärt er, warum er von Tabus wenig hält (sueddeutsche.de).

Zwischen Party und Patriotismus: Ist das nun gut oder schlecht?

Puristischen Fußball-Ästheten sind die schwarz-rot-goldenen „Schlaaand!“-Orgien ein Gräuel, für die Linke und Teile der Grünen Indiz für den zunehmenden Nationalismus im Land. Dabei ist Public Viewing vermutlich das Beste, was dem deutschen Fußball und der Multikultigesellschaft passieren konnte, sagt ein Beitrag im Hamburger Abendblatt. Der Autor sieht nämlich nur Patriotismus statt Nationalismus und den findet er ganz in Ordnung. Bei „Spiegel online“ sieht das Sibylle Berg anders. Sie meint: Die Fußball-WM fördert die bösesten Eigenschaften der Bevölkerung zutage: Alle hören Schlager, hassen ihre Mitmenschen und würden am liebsten Steine schmeißen. Entspannt euch und geht baden!

Darunter macht er’s nicht

In seinem Buch schlägt Stefan Aust auf die Behörden ein, die bei NSU-Ermittlungen versagt haben. Falsche Bescheidenheit ist nicht im Spiel. „Heimatschutz“ erzählt das „größte rassistische Verbrechen seit dem Ende des Nationalsozialismus in Deutschland“, schreibt der emeritierte Politikwissenschaftler Hajo Funke. Zu Recht. Die beiden Autoren beleuchten in der Tat die neue Ordnung der Neo-Nationalsozialisten in Deutschland seit Anfang der neunziger Jahre, den Abgrund an rassistischer Gewalt und kriminellen Verbrechen seit dem Pogrom in Rostock Lichtenhagen. Und vor allem entlarven sie die verheerende Rolle neonazistischer Gewaltverbrecher und Agitatoren in staatlichen Spitzeldiensten von Piatto bis Corelli, von Tino Brandt bis Michael See und ihre gewaltmobilisierende Wirkung. Und die Vernichtung der Unterlagen, die über diese Verstrickungen Auskunft hätten geben können (taz).

Initiative gegen Rechts wird mit Zivilcourage-Preis ausgezeichnet

Beschmierte Hauswände, eingeworfene Scheiben und Drohungen: Christiane Schott wurde monatelang von Neonazis bedroht – und setzte sich zur Wehr. Sie gründete eine Initiative gegen rechte Gewalt in Neukölln. Für ihre Zivilcourage wird ihr am Montag in Potsdam von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke das „Band für Mut und Verständigung 2014“ überreicht (rbb).

Holocaust-Opfer hoffen auf Prozess

Ein 81-Jähriger sitzt in den USA in Auslieferungshaft. Die Staatsanwaltschaft Weiden wirft ihm vor, an der Tötung von Juden beteiligt gewesen zu sein (mittelbayerische.de).

Der Fall Mügeln: Motiv Rassismus – erkannt und gleich verdrängt

Die Polizei tat ihre Pflicht – doch dann griff die Politik ein. Die Attacke von Mügeln 2007 zeigt, wie die Verharmlosung von Rassismus funktioniert und welche Folgen das hat (Tagesspiegel).

no-nazi.net: Dossier Nazi-Archetypen und Vorlieben

Von veganen Nazis, Biobäuer*innen und Autonomen  über Islamhasser*innen und Black-Metal-Fans bis hin zu den klassischen Springerstiefelträger*innen: Neonazis und ihre virtuellen Profile sind genau so unterschiedlich wie alle anderen Menschen und deren Internetpersönlichkeiten. Doch es gibt diverse Merkmale, szenetypische Codes, Symbole oder gemeinsame menschenfeindliche Interessen, an denen man “Typen” von Neonazis erkennen kann. no-nazi.net stellt euch in diesem Dossier eine Auswahl rechtsextremer Archetypen und Vorlieben vor (no-nazi.net).

Letzte Woche bei netz-gegen-nazis.de

| DFB-Elf: Zu Multikulti für den Volksmob
| Verfassungsschutzbericht 2013: Rassistische und antisemitische Gewalt nimmt zu – für die Behörden aber kaum ein Thema
| Nazis hetzen zum 17. Juni in Dresden – und werden von der Polizei in den Landtag geleitet
| Warum ist es für Gerichte so schwer, eine rassistische oder rechtsextreme Motivation zu erkennen?
| Fußball-WM, Woche 1: Party-Patriotismus fordert erstes Opfer in Nidda
| Um 18:18 Uhr über Nazis reden

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Leipzig Fussball Lok 13379

Leipziger Fußball Bei Lok nur rechts außen? – Teil 1

„Wir sind die Krieger – wir sind die Fans – Lokomotive Hooligans“ – dieser Sprechchor ist in der Vergangenheit des Öfteren bei Spielen des 1. FC Lokomotive Leipzig zu hören gewesen. Der Ruf des Vereins ist schon seit Jahren beschädigt, da sich im Umfeld des Vereins immer wieder bekennende Rechtsextreme umtreiben. Der Sport wird oftmals vom Geschehen abseits des Rasens überschattet.

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