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22.09.2001 … Nach den Rechten sehen

Neue Strategie von „Thor Steinar“-Händlern: Auszug gegen Bargeld +++ Innenminister verbietet Neonazi-Hilfsverein HNG +++ Wunsch, Menschen nach Auschwitz zu schicken: „Geschmacklose Form der Privatbeleidigung“?

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Neue Strategie von „Thor Steinar“-Händlern: Auszug gegen Bargeld
Nach der Eröffnung des Ladens „Tønsberg“, der bei Bekleidung der bei Rechtsextremen beliebten Marke „Thor Steinar“ verkauft, am Freitag in Glinde bei Hamburg gab es fast täglich Ärger.
Jetzt bestätigt die Vermieterin der Ladenfläche dem Hamburger Abendblatt, dass ihr der Betreiber des Geschäfts ein „unverschämtes Angebot“ gemacht habe. Wenn sie 200.000 Euro zahle, so sei ihr vorgeschlagen worden, werde das Geschäft ohne langwierigen Rechtsstreit wieder schließen. „Auf dieses Angebot gehe ich auf gar keinen Fall ein. Ich werde solchen Leuten keinen Cent hinterherwerfen“, sagt die Glinderin. Auszug gegen Bares: ein neues Geschäftsgebaren der Ladenkette, hinter der die MediaTex-GmbH aus dem brandenburgischen Mittenwalde steckt. In der Vergangenheit sollen entsprechende Verhandlungen bereits zugunsten der Geschäftsbetreiber ausgegangen sein.

Innenminister verbietet Neonazi-Hilfsverein HNG
Bundesinnenminister Friedrich hat nach einem Jahr Vorlauf und Ermittlungen die rechtsextreme „Hilfsorganisation für Gefangene (HNG)“ verboten. Sie war der größte bundesweit tätige Neonazi-Verein in Deutschland (ZEIT, Störungsmelder, taz, Hintergründe bei netz-gegen-nazis.de) Dafür erntet er lob, etwas von Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger: „Die erklärte Absicht dieser Neonazi-Gruppe, Krieg gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu führen, war eine unerträgliche Provokation und nicht länger hinnehmbar. Der gezielten Aufstachelung zum gewaltsamen Kampf muss eine wehrhafte Demokratie entschieden entgegen treten. Viele Aktivitäten der HNG wurden von NRW aus gesteuert.“ Die HNG habe das Ziel gehabt, die demokratische Werteordnung zu beseitigen. (Presseportal).

Wunsch, Menschen nach Auschwitz zu schicken: „Geschmacklose Form der Privatbeleidigung“?
Immer wieder interessant: Ein Mann beschimpft seine Ex-Frau und deren neuen Freund, indem er den Hitlergruß macht und sagt: „Ihr gehört nach Auschwitz“. Die Richterin am Aichacher Amtsgericht meint daraufhin, die Tat sei ?Gott sei Dank nicht politisch motiviert? gewesen, sondern eine „geschmacklose Form der Privatbeleidigung“ (Augsburger Allgemeine).

Studie: Schulbücher vermitteln ein negatives Klischee-Bild vom Islam
Die Studie ?Zum aktuellen Stand der Darstellung von Muslimen und Islam in europäischen Schulbüchern? des Georg-Eckert-Instituts für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig fand heraus: Viele Schulbücher geben muslimfeindliche und rassistische Vorurteile an die Schüler und Schülerinnen weiter (Focus).

Empörtes Schwedt: Rassismus? Gibt’s doch überall
Im Sommer verließ der 48-jährigen Ausländerbeauftragten Ibraimo Alberto Schwedt – nach seinen Angaben, weil er dort als Schwarzer keine Anstellung fand und die permanenten rassistischen Sprüche satt hatte, die ihn und seine Familie betrafen. Die Märkische Oderzeitung bringt jetzt einen üblen Abwehr-Artikel, in dem alle einmal sagen dürfen, dass sie das alles gar nicht glauben und sich Alberto nicht hätte so aufregen sollen. „Ibraimo Albertos Schilderungen von Frotzeleien, dummen Sprüchen, Beleidigungen gegen ihn und seine Familie sind glaubhaft. In vielen deutschen Städten gibt es das. Auf manchem Fußballplatz. An etlichen Kneipenstammtischen.“ Und das soll es besser machen?

Dortmund: CDU gibt rot-grüner Regierung Schuld an Gewalt bei Neonazi-Demonstration
Nach den Angriffen auf Polizisten beim Neonaziaufmarsch und den Gegendemonstrationen Anfang September in Dortmund hat die CDU schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben: Sie habe Gewalt begünstigt. CDU und FDP wollen dies im Landtag aufarbeiten. Weil Sozialminister Guntram Schneider (SPD) als auch die Vizechefin der Grünen-Fraktion, Daniela Schneckenburger, im Vorfeld der Demonstration Aufrufe zu friedlichen Sitzblockaden unterstützt hätten, seien „Randalierer angezogen“ worden (ivz-online). Die rot-grüne Regierung weist das verständlicherweise von sich: Die rot-grüne Koalition verwahrte sich gegen die Vorwürfe. „Politikerinnen und Politiker aus den Reihen von Sozialdemokraten und Grünen haben vor der Nazidemo in Dortmund dazu aufgerufen, sich friedlich und gewaltfrei den Feinden der Demokratie in den Weg zu setzen. Daran ist überhaupt nichts zu beanstanden“, sagten die Innenexperten Thomas Stotko (SPD) und Matthi Bolte (Grüne) (b2b-deutschland).

Österreich: Prozess um Neonazi-Postings im Internet
„Anschluss“ hat der Angeklagte 36-jährige Christian W. gesucht – er fand ihn als „Mjölnir“ auf der rechtsextremen Seite Alpen-donau.info und im rechtsxtremen Thiazi.net. Jetzt steht Christian W. vor Gericht – und belegt, wie der Einstieg in die rechtsextreme Szene in der virtuellen Welt begann und sich dann in die reale Welt entwickelte (Der Standard).

Islamfeinde im Internet? Da hilft nur kritische Öffentlichkeit!
Die Frankfurter Rundschau (FR) sieht es im Leitartikel von Uwe Vorkötter wie wir: Gegen Islamfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus helfen dauerhaft keine Verbote, sondern vor allem eine aufmerksame Öffentlichkeit, die auf die Einhaltung einfachster demokratischer Regeln pocht. Vorkötter zitiert dazu den englischen Philosophen John Stuart Mill: „Die Freiheit des Einzelnen darf sich nicht zu einer Belästigung für Andere entwickeln.“ Die FR will in diesem Sinne weiter über Menschenfeinde im Netz berichten – sehr gut! Jeder Internetuser und jede Internetuserin sollte sich dessen auch gewahr sein und entsprechend einschreiten, wenn diese Grenzen verletzt werden.

Neue dänische Regierung will Grenzkontrollen wieder abschaffen
Autofahrer auf dem Weg nach Dänemark können wieder auf freie Fahrt hoffen. Die im Juli vom Parlament in Kopenhagen beschlossene Wiedereinführung permanenter Zollkontrollen an den Außengrenzen soll nach einem Regierungswechsel wieder rückgängig gemacht werden. Die designierte neue dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt will das Projekt nicht weiter verfolgen, dass von den rechtspopulistischen Volkspartei initiiert worden war (Ostholstein.mediaquell).

Rechtsextremismus in Familientradition: Die Ritters aus Köthen
sternTV berichtet seit 17 Jahren über eine Familie aus Köthen. Schon bei den ersten Besuchen zeigten die Kinder erschreckend, wie sie das rechtsextreme Gedankengut der Eltern übernommen hatten. Was wurde aus Familie Ritter? Seit 17 Jahren berichtet stern TV nun schon über die kriminellen Karrieren der Kinder aus Köthen. Und jedes Mal bot sich den Reportern vor Ort ein erschreckendes Bild. Inzwischen ist die dritte Generation betroffen

Heydrich-Biografie“Abstoßend ist vor allem seine antrainierte Kälte“
Spiegel online interviewt Robert Gerwarth, den Verfasser der ersten großen Biografie über Holocaust-Organisator Reinhard Heydrich. Erschreckend dokumentiert diese, wie Heydrich, der eigentlich Musiker werden sollte, eher zufällig und unter dem Einfluss seiner Frau zum Organisator des Massenmordes an den Juden, Roma und Sinti und den anderen Opfern des Nationalsozialismus wurde (einesTages).

Vortrag über Rechtsextremismus in Burschenschaften polarisiert
Dietrich Heither wusste genau, warum er seinen Vortrag mit dem Satz einleitete: ?Ich beziehe mich ausschließlich auf den Verband Deutsche Burschenschaften.? Denn kaum war der Historiker mit seinem Referat fertig, erhoben im Publikum die ersten Bundesbrüder die Stimme: Man lasse sich nicht in eine rechtsextreme Ecke stellen, Heithers Ausführungen seien einseitig und undifferenziert gewesen. Kritik, die der Referent mit Verweis auf seine einführenden Worte mühelos an sich abperlen ließ. Eingeladen hatte den Verbindungs-Experten die Stiftung Demokratie Saarland. In deren Saarbrücker Räumlichkeiten versuchte sich Heither am Montagabend an einer Antwort auf die sensible Frage ?Deutsche Burschenschaften: eine Gefahr für die Demokratie?? (Saarbrücker Zeitung).

Demokratiezentrum in Wolfsburg eröffnet
In einem ehemaligen Möbelhaus in Wolfsburg, in dem Neonazis ein Museum einrichten wollten, wird nun ein Zentrum für demokratische Bildung eröffnet. Die Einrichtung soll Schülern, Wissenschaftlern und anderen Interessierten zur Verfügung stehen (BILD).

„Extra 3“ bekommt einen neuen Moderator
Unsere Lieblingssatiresendung mit den tollen „Norddeutschen Neuesten Nachrichten“ gegen die rechtsextreme Szene bekommt einen neuen Moderator: Tobias Schlegl geht, Christian Ehring kommt (taz).

Österreich: Horst-Wessel-Lied in Talentshow
Ein 68-jähriger Kandidat der ORF-Show „Die große Chance“ kündigte an, ein Volkslied aus dem 19. Jahrhundert auf seiner Mundharmonika zu spielen – und stimmte dann das nationalsozialistische Horst-Wessel-Lied an, die Parteihymne der NSDAP. Dies fiel allerdings weder der Jury noch der Redaktion, sondern erst Zuschauern auf (n-tv).

raf

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