Weiter zum Inhalt

20.12.2010 … Nach den Rechten sehen

Neonazis überfallen drei Menschen in Magdeburg +++ Tochterunternehmen des bayerischen Staats lässt sich von neurechtem Anwalt vertreten +++ Initiative warnt: In Leipzig wird ein Mord an einem Migranten durch einen Nazi als unpolitisch dargestellt.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Neonazis haben in der Nacht zum Samstag in Magdeburg einen Mann und zwei Frauen überfallen. Der Mann aus Ecuador erlitt einen Nasenbeinbruch und Platzwunden, die Frau aus Mexiko wurde leicht verletzt und ihrer deutschen Begleiterin wurde die Handtasche entrissen (nachrichten.t-online.de).

Die Bayernhafen GmbH, ein Tochterunternehmen des Freistaats Bayern, lässt sich von einem Rechtsanwalt vertreten, der für rechtsradikale Publikationen und Mandanten bekannt ist und deshalb immer wieder ins Visier des Verfassungsschutzes gerät (Sueddeutsche.de).

Ende Oktober wurde ein Migrant in Leipzig von einem bekannten Neonazi erstochen. Antirassistische Initiativen befürchten, dass die politische Tatmotivation ausgeblendet wird und haben deshalb einen eigenen Aufruf zu mehr Wachsamkeit auch an die Medien verfasst. Mit einer Demonstration soll auf den Mord aufmerksam gemacht werden (Störungsmelder). Dazu vermeldet die BILD: Der Mittäter Daniel K. (28), der seit 25. Oktober wegen gemeinschaftlichen Mordes an Kamal K. mit Marcus E. (32) in U-Haft gesessen hatte, ist vorläufig wieder freigelassen geworden. Es sei kein fremdenfeindliches Motiv nachzuweisen. Auch habe Daniel K. bereits 2008 mit der rechsextremen Szene gebrochen. Bei seiner Verhaftung trug er ein Shirt mit der Aufschrift „Kick off Antifascism„.

Rund 200 Menschen sind am Sonnabend gegen Rechtsextremisten in?Eschede auf die Straße gegangen. Am Nachmittag zog ein?Demonstrationszug?vom Bahnhof Richtung Nahtz-Gelände. Die Polizei teilte mit, dass erst am Sonntag rund zehn?Personen auf dem Hof des Landwirtes gewesen seien. Von einer Sonnenwendfeier – vor einem Jahr hatten sich hier rund 200 Neonazis getroffen – könne nicht die Rede sein (Cellesche Zeitung).

Knapp hundert Bürger haben in Altenburg gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. Rund 50 Rechtsextreme hatten sich zu einer Demonstration „gegen Kinderschänder“ versammelt (nachrichten.t-online.de).

Torsten Meyer, Landesvorsitzender der DVU Berlin, saß seit 2006 zusammen mit der NPD in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Durch Meyers Rücktritt, der offener Gegner der Fusion ist, verliert die NPD Fraktionsstatus, was auch mit finanziellen Einbußen verbunden ist (Endstation rechts, Tagesspiegel).

Rechtsextremismus in Baden-Württemberg: Organisatorisch schlecht aufgestellt, aber in einigen Städten ist die NPD seit Jahren im Stadtrat (nrwz.de).

Büdingen: Zahlreiche Aktionen gegen NPD-Wahlkampfauftakt am Wochenende (ad-hoc-news.de, Frankfurter Rundschau).

Aus Angst vor erneuten rassistischen Ausschreitungen hat die Polizei in Russland mehr als 1500 Menschen festgenommen. Allein in Moskau seien am Samstag rund 500 Teilnehmer einer rechtsextremen Kundgebung sowie 800 weitere Menschen vorsorglich in Gewahrsam genommen, erklärte die Polizei. In den vergangenen Tagen hatten Nationalisten immer wieder Einwanderer aus dem Kaukasus und anderen Ländern angegriffen (google/AFP, Badische Zeitung, taz).

Eine FPÖ oder ein Geert Wilders ist hierzulande nicht in Sicht: Wie die deutschen Rechtsextremen verhindern, dass die Rechtspopulisten Erfolg haben, beschreibt Frank Jansen im Tagesspiegel.

Spannendes Interview anlässlich des „Weltmigrantentages“ mit dem hannoverschen Bildungsforscher Asit Datta zu Migration und Rassismus weltweit (wlz-fz.de).

Die taz befragt Friedrich Küppersbusch zu den Freuden und Ärgernissen der Woche – und weil eine Antwort so wahr wie sprachlich schön ist, sei sie hier wiedergegeben:

taz: Silvio Berlusconi bleibt, und man fragt sich einmal mehr: Wie ist das möglich?
Küppersbusch: Wie konnte Franco ein netter Faschogreis im Urlaubsparadies sein? Wieso hat sich Wallraff in Athen angekettet? Nur weil wir traditionell ab und an tassenfeindlichen Schrank haben, müssen unsere Nachbarn nicht zwangsläufig vernünftig sein. Wilders regiert in den Niederlanden mit, Blocher gewinnt eine Anti-Minarett- und eine „Ausschaffungsinitiative“ in der Schweiz, Rechtspopulisten in Dänemark, Schweden, Ungarn. Ich habe einen Argwohn über uns Deutsche: Sind wir nun überzeugte Demokraten oder nur besonders gründlich gescheiterte Undemokraten? Diese Ambivalenz kann andere, weniger vorbestrafte Nationen erst recht befallen. Wobei Italien, dachte ich, schon unser engster Mitverbrecher war.“

Wie feiern eigentlich Nazis Weihnachten? Das Fest des Friedens und der Nächstenliebe passt so gar nicht zu den Parolen von Rassismus und Ausgrenzung. Jesus Christus war ?Jude? und die Mehrheit der westlichen Welt feiert an seinem Geburtstag. Der GAU für jeden Nazi! Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Not macht erfinderisch (Endstation rechts).

Der JVA-Report ist neben der Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. (HNG) die wichtigste Institution der Neonazi-Szene zur Betreuung ihrer Gefangenen. Kurz vor Weihnachten ? im Szeneslang Julfest genannt ? wird immer eine Liste mit den ?inhaftierten Kameraden? veröffentlicht (bnr.de).

Drei Jahre lang hat Peter Huth aus Brüssow die rechte Szene der Uckermark untersucht. Jetzt geht sein viel beachtetes Projekt Gegenrede zu Ende. Es war ein Versuch, die Neonazis aus der Anonymität zu reißen. Oliver Schwers sprach mit ihm über die Ergebnisse (moz).

Offen gesteht der Betreiber der Plattform ?NB-Town? Probleme mit rechtsextremen Nutzern ein. Mit über 140.000 Mitgliedern zählt die Community zu den größten in Mecklenburg-Vorpommern, bereits seit 2003 ist sie online. Des Problems wird sie trotzdem nicht Herr (Endstation rechts).

Rechtsextreme Anwältin will weitermachen: Die langjährige Lebensgefährtin des Rechtsradikalen Horst Mahler, Sylvia Stolz, hat vor dem Bayerischen Anwaltsgerichtshof Berufung gegen ihren Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft eingelegt (Sueddeutsche.de).

Marek Soltys ist Polens neuer Held. Ein Rollstuhlfahrer, der mit Videoclips über die Diskriminierung im Alltag Aufsehen erregt. Er war es leid, Bittbriefe zu schreiben. Seine Videos haben inzwischen Kultstatus (taz).

Weiterlesen

Eine Plattform der