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20.11.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU-Mordserie: Polizeichefin wartet weiter auf Akteneinsicht +++ Prozess gegen Beate Zschäpe: Richter Rage +++ V-Mann-Akten: Berliner Grüne zweifeln an Henkels Aufklärungswillen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Mordserie: Polizeichefin wartet weiter auf Akteneinsicht

Im Zusammenhang mit den länderübergreifenden Bemühungen um Aufklärung des NSU-Skandals hat die amtierende Polizeipräsidentin von Berlin, Margarete Koppers, die Staatsanwaltschaft Dresden kritisiert. Dabei geht es um den früheren Berliner V-Mann Thomas S. Obwohl ihr Amt bereits im September ein sogenanntes Akteneinsichtsgesuch zu S. übermittelte, habe die sächsische Behörde sich bisher nicht in der Lage gesehen, dieses positiv zu beantworten, sagte Koppers am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Auch eine Antwort des Landeskriminalamtes Sachsen (LKA) stehe noch aus. (Welt Online) Koppers Behörde will generell wissen, ob Informationen von S. auch in andere Ermittlungsverfahren in Berlin, Sachsen oder Thüringen einflossen. (Berliner Zeitung)

Prozess gegen Beate Zschäpe: Richter Rage

500 Seiten Anklageschrift, über 50 Anwälte – und ein Richter, der für seine gelegentlichen Ausraster bekannt ist: Der Münchner Jurist Manfred Götzl könnte den Mammutprozess gegen Beate Zschäpe leiten. Er gilt als emotional, erfahren und von der Wahrheitssuche besessen. (Spiegel Online) Unterdessen kommentiert die „Berliner Zeitung“ die Meldung, der norwegische Massenmörder Anders Breivik habe Beate Zschäpe einen Brief geschrieben, wie folgt: „Die deutsche Justiz ermöglicht dem pathologisch narzisstischen Massenmörder jenen großen Auftritt, den Scoop, den Knüller, den ihm die norwegische Justiz verweigert hatte.“ (Berliner Zeitung)

V-Mann-Akten: Berliner Grüne zweifeln an Henkels Aufklärungswillen

Die Berliner Grünen haben Innensenator Frank Henkel (CDU) in der NSU-Akten-Affäre mangelnden Aufklärungswillen vorgeworfen. Die Vertreterin im Innenausschuss, Canan Bayram, sagte dem „rbb“, es sei unverständlich, warum Henkel und die stellvertretende Polizeipräsidentin Magarete Koppers die Akten zum V-Mann der Berliner Polizei in der rechten Szene nicht herausgeben. Der frühere V-Mann habe bereits in Interviews über seine Tätigkeit gesprochen. „Wo ist da noch die Schutzpflicht?“, so Bayram. Es bestehe zudem der Verdacht, dass die eingesetzte Prüfgruppe mit Beamten besetzt ist, die damals selbst in den Vorgang involviert waren. (rbb online, taz) Gleichzeitig wurde bekannt, die Aufklärung der V-Mann-Affäre bei der Berliner Polizei mehr Zeit in Anspruch nehmen könnte, als anfangs geplant. „Der Sonderermittler wird intensiv darauf hinarbeiten, dass die Drei-Monats-Frist eingehalten wird“, sagte Henkel am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Gleichzeitig deutete er an, dass der von ihm eingesetzte Sonderermittler Dirk Feuerberg länger als drei Monate brauchen könnte: „Die Auswertung ist sehr umfangreich. Wir sind noch nicht soweit fortgeschritten, dass man dem Ausschuss stimmiges und belastbares Material vorlegen könnte.“ (Frankfurter Rundschau) Die „Berliner Zeitung“ kommentiert die Berliner NSU-Affäre: „Es reicht nicht aus, für menschliches Versagen um Verständnis zu werben, wie Henkel und Schmid es jetzt tun. Denn es besteht der konkrete Verdacht, dass die Vernichtung kein Missverständnis war, sondern Absicht. Die Frage ist: Welche Absicht genau?“ (Berliner Zeitung)

Dresden: Verfahren nach Aktenpanne beim Verfassungsschutz eingestellt

Eine Akten-Panne beim sächsischen Verfassungsschutz im Fall der Neonazi-Terrorgruppe NSU wird für den betreffenden Mitarbeiter keine Folgen haben. Das Disziplinarverfahren wurde eingestellt, weil ein Dienstvergehen nicht festgestellt werden konnte. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Johannes Lichdi hervor. (Lausitzer Rundschau)

Umfrage: Rechtsextremismus sinkt auf Tiefststand in Thüringen

Die Zahl der Thüringer mit rechtsextremen oder rassistischen Ansichten ist gesunken. Nach einem starken Anstieg im Vorjahr wurde nun wieder ein deutlicher Rückgang der rechtsextremen Stimmung beobachtet. So stufen Sozialwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena aktuell 12 Prozent der Thüringer als rechtsextrem ein, berichtet unsere Zeitung unter Berufung aus die neueste Ausgabe des „Thüringen Monitor“. Dies sei der niedrigste Wert seit Beginn der Langzeitumfrage im Jahr 2000. Fünf Prozent gehörten zum sogenannten „harten Kern“, bei sieben Prozent sei die Gesinnung noch nicht verfestigt. Mit dem Thüringen Monitor, untersucht die Universität die Stimmung der Thüringer im Auftrag der Landesregierung. So erklärten diesmal 16 Prozent der Thüringer, dass „der Nationalsozialismus auch seine guten Seiten“ besaß. Vor einem Jahr hatten 19 Prozent dieser Aussage zugestimmt. (Thüringer Allgemeine, MDR Online)

Gericht befragt Länder wegen NPD-Vorstoß: Karlsruhe reagiert damit auf Antrag der Partei

Die NPD spricht von einem ersten Erfolg. Doch die Chancen, sich vom Bundesverfassungsgericht die „Verfassungskonformität“ bescheinigen zu lassen, haben sich offenkundig nicht verbessert. Das Gericht hat nach dem Vorstoß der rechtsextremen Partei von vergangener Woche der Bundesregierung und weiteren Verfassungsorganen knapp mitgeteilt, sie könnten sich bis zum 12. Dezember zum NPD-Antrag äußern. Die Partei sieht darin einen „außerordentlich bemerkenswerten Vorgang“, das Gericht nennt es den „normalen Geschäftsgang“ eines Organstreitverfahrens. Allerdings bezogen die Richter alle Bundesländer ein, obwohl diese im NPD-Antrag nicht eigens genannt werden. (Tagesspiegel)

SPD für Forschungsauftrag zur Ermittlung der Zahl der Opfer rechtsextremer Gewalt

Die Bundesregierung soll nach dem Willen der SPD-Fraktion einen Forschungsauftrag erteilen, der statistisch ermittelt, wie viele Menschen Opfer oder Zeuge rechtsextremer Gewalt beziehungsweise Propagandadelikte geworden sind. Wie die Fraktion in einem Antrag weiter fordert, sollen die Ergebnisse der Studie mit der amtlichen Statistik politisch motivierter Straftaten abgeglichen werden, „um eine Annäherung an die tatsächliche Zahl rechtsextrem und rassistisch motivierter Straftaten zu erreichen“. Die Datenlage rechtsextremistisch motivierter Vorfälle und Fälle von „Hasskriminalität“ in Deutschland bilde die Realität nicht vollständig ab, heißt es in der Vorlage. Zivilgesellschaftliche Akteure zählten regelmäßig mehr rechtsextreme Vorfälle und Fälle von „Hasskriminalität“ als die amtliche Statistik. So zähle die amtliche Statistik 47 Todesopfer rechtsextremer Gewalt im Zeitraum von 1990 bis 2009, „wohingegen Opferberatungsstellen und Journalisten für die Zeit von 1990 bis 2009 bis zu 181 Todesopfer nennen“. (bundestag.de)

Mehrere rassistische Vorfälle in Brandenburg – Kenianerin bei Angriff in Luckenwalde verletzt

Im Land Brandenburg häufen sich wieder Übergriffe mit rechtsextremem Hintergrund. So  wurde eine 30 Jahre alte Frau aus Kenia bei einem rassistischen Angriff in Luckenwalde (Teltow-Fläming) verletzt. Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung gegen einen 20-jährigen Mann. Er soll die Frau in der Nacht zu Samstag im Bahnhof der Stadt getreten haben. Ein 22-jähriger Begleiter beschimpfte die Frau rassistisch. Die Frau erlitt an den Beinen Hämatome und Prellungen. (rbb online, Märkische Allgemeine) Am Sonntagabend stoppte die Polizei in Angermünde einen Zug, weil Fußballfans andere Reisende mit Äußerungen und Gesängen mit volksverhetzendem Inhalt belästigten. In Schwedt besprühten Unbekannte laut Polizeidirektion Ost in der Nacht zum Sonntag drei sogenannte „Stolpersteine“ mit schwarzer Farbe. Keine entscheidende Spur hat die Polizei bislang zu den am Wochenende gemeldeten Straftaten in Prenzlau und Königs Wusterhausen. (Berliner Zeitung) In Prenzlaus Innenstadt hatten unbekannte Täter in der Nacht von Freitag zu Samstag Wohnhäuser, Geschäfte und andere Gebäude mit verfassungsfeindlichen Symbolen wie Hakenkreuzen und mit Parolen beschmiert. Es liegen mehrere Strafanzeigen vor. Im Fokus ist hier laut Polizei eine „stadtbekannte Szene“. In Königs Wusterhausen war eine von zwei Gedenkstelen aus Glas beschädigt worden, die an das frühere KZ-Außenlager in der Stadt erinnern. Sie waren erst am 5. November offiziell der Öffentlichkeit übergeben worden. Die Tat war am Freitagnachmittag entdeckt worden. Ob es hier ein politisches Motiv gibt, ist laut Polizei aber noch unklar. (Märkische Allgemeine)

Gefährliche Sicherheit: Die engere Vernetzung von Polizei und Nachrichtendienst im Kampf gegen Rechtsextremismus

Die Morde von Mölln und die NSU-Terrorserie zwingen zur Auseinandersetzung mit der Rassismus in Staat und Gesellschaft. Um weitere Straftaten zu vermeiden werden Polizei und Nachrichtendienst eng vernetzt. Das widerspricht dem Trennungsgebot. (Frankfurter Rundschau)

Straßenkampf: Klage gegen Silvio-Meier-Straße in Berlin

Es sollte der Höhepunkt des Gedenkens an Silvio Meier sein: die Umbenennung einer Straße in Friedrichshain für den dort vor 20 Jahren von Neonazis erstochenen Antifaschisten. Doch eine Silvio-Meier-Straße wird es vorerst nicht geben: Ein Geschäftsinhaber in der zur Umbenennung vorgesehenen Gabelsbergerstraße klagt gegen den Beschluss des Bezirks. „Das ist sehr ärgerlich, aber nun müssen wir die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abwarten“, sagte Bezirksstadtrat Hans Panhoff (Grüne) der taz. (taz)

„Gallisches Dorf“ in Sachsen-Anhalt: Nienhagen jagt Nazi-Bands vom Hof

Zivilgesellschaftlicher Widerstand kann viel bewirken. So wie in Nienhagen, einem kleinen Harzdorf in Sachsen-Anhalt, das sich in den letzten Jahren zu einem viel gefragten Konzertort für Rechtsrock-Bands entwickelte. Doch die örtliche Bürgerinitiative organisierte eine Abstimmung – und rang dem Vermieter des Konzertsaales so die Zustimmung ab, zukünftig nicht mehr an Neonazis zu vermieten. (Endstation Rechts)

Dortmund: Demonstrationen gegen „Die Rechte“-Parteibüro

Angst und Sorge vor Rechtspopulismus: Die Huckarder Anwohner machten am Samstag  gegen die neue Anlaufstelle der Partei „Die Rechte“ mobil. Unter dem Motto „Dortmund hat keinen Platz für Rechtsextremismus“ demonstrierten am Mittag rund 120 Dortmunder gegen die neue NRW-weite Anlaufstelle der rechtspopulistischen Partei „Die Rechte“ in Huckarde. Insgesamt dauerte die Kundgebung in der Huckarder Straße eine gute Stunde. Ihre Teilnehmer protestierten friedlich, worüber sich die Polizei vor Ort erfreut zeigte. Die Organisatoren dieser Kundgebung – die nicht genannt werden wollen – waren „selber über die große Resonanz in der Bevölkerung überrascht“. (Der Westen)

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