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15.10.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU länger im Visier des Verfassungsschutzes als bekannt +++ Innenminister wollen Thüringer Akten offenbar schwärzen lassen +++ Ombudsfrau der Regierung für Abschaffung des Verfassungsschutzes.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU länger im Visier des Verfassungsschutzes als bekannt

Die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) waren offenbar wesentlich länger im Visier des Verfassungsschutzes als bisher bekannt. Die sächsischen Sicherheitsbehörden hätten eine im Mai 2000 vorgenommene Abhörmaßnahme gegen die Rechtsextremen unter dem Namen „Terzett“ erst im November 2010 förmlich abgeschlossen, berichtet die Tageszeitung „Welt“ unter Berufung auf streng geheime Akten. So seien Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt noch ein Jahr vor ihrer Enttarnung als gefährlich eingestuft worden. Der sächsische Verfassungsschutz vermutete den Angaben zufolge bereits im Überwachungsantrag Struktur und Ziel des NSU relativ klar: „Die Betroffenen stehen im Verdacht, Mitglieder einer Vereinigung zum Begehen von Straftaten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und schwerer rechtsextremistischer Straftaten zu sein und drei flüchtige Straftäter in der Illegalität zu unterstützen“, habe es darin geheißen. (Welt, Stern) Nun forderte der Vorsitzende des NSU-Bundestagsuntersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), Aufklärung über eine Abhörmaßnahme gegen das rechtsextreme Terrortrio. „Den mir bisher vorliegenden Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz entnehme ich jedenfalls, dass diesbezüglich mehrfach Nachfragen gestellt wurden, ohne dass diese nach Aktenlage beantwortet worden zu sein scheinen“, sagte er. (Mitteldeutsche Zeitung) Unterdessen wurde bekannt, dass in Baden-Württemberg offenbar noch mehr Polizisten in Kontakt mit der rassistischen Organisation Ku Klux Klan (KKK) standen als bisher bekannt. Das geht aus dem Bericht eines V-Manns hervor. (FR-Online)

NSU-Akten: Innenminister wollen Thüringer Akten offenbar schwärzen lassen

Die Innenminister der Länder wollen offenbar die umstrittenen Akten aus Thüringen im Zusammenhang mit dem NSU im Nachhinein schwärzen lassen. Eine schriftliche Empfehlung sei am Freitag an den Vorsitzenden des Bundestagsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), gegangen, wo die Akten liegen, berichtete die „Thüringer Allgemeine“ vorab. Die Empfehlung werde von den Innenministern aller Länder außer Thüringen getragen. (Der Westen, Spiegel Online) Im gleichen Zusammenhang warnte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor einer Enttarnung von V-Leuten. „Wir brauchen auch in Zukunft V-Leute, und das geht nur, wenn das Vertrauen in den Schutz ihrer Identität gewährleistet ist und sie sich darauf verlassen können, dass ihre Namen nicht bekannt werden“, sagte er der „Welt“. (Stuttgarter Nachrichten, Kommentar vom Tagesspiegel) Unterdessen gibt es neue Erkenntnisse über die geschredderten Akten im Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Affäre ist offenbar auf das Fehlverhalten eines Referatsleiters zurückzuführen – zu diesem Ergebnis kommt nach Informationen des „Tagesspiegels“ der zur Prüfung des Falles von Innenminister Friedrich berufene Sonderbeauftragte Hans-Georg Engelke. Der Leiter des Referats 2B2 soll aus Angst gehandelt haben, weil Fristen zur Löschung der Akten überschritten waren. Am 10. November 2011, nur sechs Tage nachdem der NSU aufgeflogen war, hatte der Referatsleiter veranlasst, Akten zu sieben V-Leuten aus Thüringen zu schreddern. (Tagesspiegel)

NSU: Ombudsfrau der Regierung für Abschaffung des Verfassungsschutzes

Die vom Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium eingesetzte Ombudsfrau für die NSU-Opferfamilien, Barbara John, hält den Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten und einzelner Länderchefs für nicht ausreichend. Sie plädiert für eine Abschaffung des Verfassungsschutzes. Als Ombudsfrau dient John als zentrale Anlaufstelle für die Opfer und Opferangehörigen der NSU-Terrorzelle. Sie soll betroffenen Menschen Unterstützungsangebote aufzeigen und zu Ansprechpartnern bei den zuständigen Leistungserbringern in den Ländern und bei den Bundesbehörden vermitteln. (Störungsmelder) Unterdessen haben sich die Thüringer Linken im Zuge der NSU-Aufklärung hinter Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) gestellt. Sie wollten  einer Verfassungsänderung zustimmen, sofern dies für den Umbau des Verfassungsschutzes notwendig wird. Fraktionschef Bodo Ramelow sagte am Sonntag der „Thüringer Allgemeinen“, dass er dies seiner Fraktion empfehlen werde. (Thüringer Allgemeine)

„Feine Sahne Fischfilet“: Im Visier des Verfassungsschutzes

Die Band „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) aus Mecklenburg-Vorpommern hat vergangene Woche auf dem Hamburger Label Audiolith die Single „Komplett im Arsch“ veröffentlicht. Ein Song, der von der Öde in der vorpommerischen Provinz erzählt, von Langeweile, der FSF das eigene Engagement entgegensetzt. Das mutige Engagement der Punkband gegen Nazis brachte ihr nun einen langen Eintrag im jüngsten Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern ein – sie bekam dabei deutlich mehr Platz als der NSU, der im Land mutmaßlich einen Menschen ermordete und möglicherweise Überfälle beging. (Publikative.org)

Volksverhetzung: Sänger des „Döner Killer“-Liedes zu Bewährungsstrafe verurteilt

Das Amtsgericht Meppen hat den Sänger der rechtsradikalen Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ unter anderem wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Daniel G. hatte unter anderem das „Döner Killer“-Lied geschrieben und darin die Opfer der NSU-Mordserie verhöhnt. Insgesamt ging es in dem Prozess um drei Titel der 2010 veröffentlichten und seit 2011 verbotenen CD „Adolf Hitler lebt“. Einer der Songs trägt den Titel „Döner Killer“. Darin heißt es unter anderem: „Die Ermittler stehen unter Strom / eine blutige Spur und keiner stoppt das Phantom / am Dönerstand herrschen Angst und Schrecken / kommt er vorbei, müssen sie verrecken.“ (Osnabrücker Zeitung, NDR Online)

Schwere Zweifel an einem NPD-Verbotsverfahren

Während Politiker*innen die NPD verbieten wollen und Sicherheitsbehörden emsig Material sammeln, werden die Erwartungen nun gebremst. So hält  Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die politischen Wirkungen für „schwer kalkulierbar“. Er sagte: „Ich fürchte, dass wir uns die Probleme mit rechtsextremen Gesinnungen und Aktivitäten mit einem neuen Verbotsverfahren eher erschweren als erleichtern.“ (Welt)

Konferenz zur rechtsextremen Szene in Jena: „Rechtsextremismus weiter verharmlost“

„Sie kamen von hier“, lautete der Titel einer Konferenz der Stadt Jena und des Runden Tischs für Demokratie, die am Sonnabend an der Universität Jena stattfand. Unter den rund 100 Teilnehmern waren auch Vertreter der Städte Gera, Weimar, Apolda, Kahla, Dresden und Dessau. Im Zentrum der Konferenz standen die Fragen: Was ist in Jena falsch gelaufen? Wie konnten drei junge Leute aus Winzerla zu den Extremisten werden, die als rechtes Terror-Trio bis Ende 2011 raubend und mordend durch das ganze Land zogen? Zu Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos, die späteren Terroristen, erklärte die Landtagsabgeordnete Katharina König (Die Linke): „Sie hätten unter den damaligen ähnlichen Rahmenbedingungen auch aus Saalfeld, Zwickau oder Chemnitz kommen können.“ Ihr gehe es nicht nur um diese drei Personen, sondern um eine bis heute gut vernetzte extreme rechte Szene und ihre Gefahr für die Gesellschaft. Für Michael Ebenau von der IG Metall war die Tagung selbst ein Beispiel dafür, dass der Rechtsextremismus in der Gesellschaft weiter verharmlost werde. „Es spricht nicht dafür, dass wir die Diskussion in der Breite führen, wenn beispielsweise nur eine ganz geringe Anzahl Jenaer Stadträte zur Tagung gekommen sind“, so Ebenau. (Thüringer Allgemeine)

Cottbus: Rechtsextreme Geburtstagsparty aufgelöst

Der Druck auf die rechtsextreme Szene wächst: Am Samstagabend hat die Polizei in Cottbus eine als Geburtstagsfeier getarnte Party von Nazis, bekannten Gewalttätern aus der Fußballszene und Rockern aufgelöst. Die Organisatoren des Treffens sollen unter falschen Angaben eine Freizeiteinrichtung im Ortsteil Sachsendorf gemietet haben. Die Stadt habe klargemacht, dass sie solche Veranstaltungen nicht duldet, sagte ein Polizeisprecher am Montag dem“rbb“. Insgesamt seien die Daten von 63 Personen aufgenommen worden. Ein Teilnehmer, der nach Polizeiangaben bereits früher durch das Verwenden von verfassungswidrigen Kennzeichen aufgefallen war, sei nach Zeigen des Hitlergrußes vorläufig in Gewahrsam genommen worden. (Potsdamer Neueste Nachrichten, rbb Online)

Racial Profiling: Grenzkontrollen im Inneren

Auch in Deutschland hält die Polizei Menschen wegen ihrer Hautfarbe an. „Racial Profiling“: Diese polizeiliche Praxis wird einerseits geleugnet, andererseits für legitim erklärt. Ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz aus dem Februar dieses Jahres lautet: Sich auf der Suche nach Menschen, die gegen Grenzvorschriften und Aufenthaltsrecht verstießen, vom „äußeren Erscheinungsbild“ leiten zu lassen, sei statthaft. Solches Racial Profiling aber, erklärte Liz Fekete, Geschäftsführerin des Londoner Institute of Race Relations, am Wochenende in Berlin, sei nur eines: staatlicher Rassismus. Auf Einladung der Berliner Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) erläuterte Fekete auf dem Kongress „Racial Profiling Reloaded“, es sei fester Bestandteil der Polizeiarbeit, Minderheiten ins Visier zu nehmen. In allen westlichen Ländern würden die Grenzkontrollen ins Innere verlegt. (taz)

Braunschweig: Kein Mittel gegen Nazis

Eintracht Braunschweig ist auf dem Weg zurück an die Spitze: als souveräner Tabellenführer der zweiten Liga. Nun meinen Verein und Teile der Fanszene, dass dieser sportliche Erfolg Neider und Trittbrettfahrer auf den Plan riefen. Sie sehen sich und ihre blau-gelben Farben missbraucht von einer antifaschistischen Initiative und einer Braunschweiger Ultragruppe, die darauf aufmerksam machen, dass es in Stadt und Stadion ein Nazi-Problem gibt. (Publikative.org, 11freunde, taz)

Brandenburg erhöht den Druck auf Nazis

Nach mehreren Attacken auf Migranten*innen, Linke und engagierte Bürger*innen im südlichen Berliner Umland verschärfen Brandenburgs Behörden den Kurs gegen die rechtsextreme Szene. Polizeipräsident Feurig kündigt ein hartes Vorgehen an. (Potsdamer Neueste Nachrichten) Unterdessen fand in Sachsenhausen eine Podiumsdiskussion zum Thema Rechtsextremismus in Brandenburg statt. Dabei waren sich die Teilnehmer*innen darüber einig, dass die Nazis derzeit ihre Strategie änderten. „Das ist nicht mehr der offene, aggressive und gewaltbereite Rechtsextremismus. Das ist eine neue Form“, erklärte etwa Ray Kokoschko vom Mobilen Beratungsteam Frankfurt (Oder). Es gebe  eine „andere Qualität der Konspiration“. Früher wäre er als Sozialarbeiter auf die Straße gegangen und hätte die Szenemitglieder sofort erkannt. Heute sei das nicht mehr so einfach. (Märkische Allgemeine)

„Deutsche Stimme“: Sächsische NPD bald mit mehr Einfluss?

Medienberichten zufolge wird sich der Einfluss der Einfluss der sächsischen NPD auf den „Deutsche Stimme“-Verlag erhöhen. In Zukunft sollen der NPD-Landtagsabgeordnete Andreas Storr und NPD-Fraktionsberater Peter Schreiber die Geschäftsführung übernehmen. Storr ist darüber hinaus Abgeordneter im sächsischen Landtag und Bundesschatzmeister der NPD. Schreiber ist parlamentarischer Berater der NPD-Landtagsfraktion und vertritt die Partei im Stadtrat von Strehla sowie im Kreistag Meißen. Diese Mehrfachbelastung deutet daraufhin, dass die NPD-Kader kein anderes kompetentes Personal zu finden scheinen, welches den Verlag aus der finanziellen Misere retten könnte. Dass sich der parteieigene Deutsche Stimme-Verlag in finanziellen Schwierigkeiten befindet, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Der Rechenschaftsbericht weist für das Jahr 2010 einen Verlust von rund 35.000 Euro aus. (Endstation Rechts, blick nach rechts)

Nach Angriff auf Rabbi in Berlin: Neue Hinweise auf Täter

Noch immer weiß die Polizei nicht, wer den Rabbiner Daniel Alter vor etwa zwei Monaten in Berlin vor den Augen seiner Tochter verprügelte. Doch jetzt gibt es neue Hinweise, denen sie nachgeht. (Tagesspiegel)

35 Rechtsextreme im Südwesten haben Schusswaffen

Mindestens 35 Rechtsextreme in Baden-Württemberg besitzen nach Informationen des Innenministeriums legal eine oder mehrere Schusswaffen. Bei Überprüfungen bis August dieses Jahres sei in vier Fällen die Aufbewahrung beanstandet worden. Zweimal hätten die Behörden dabei die Waffen beschlagnahmt. (Welt)

Buschkowsky im Interview: „Ich habe die Wirklichkeit beschrieben“

Integration ist harte Arbeit, sagt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky im Interview mit dem „Tagesspiegel“. Weiter wehrt er sich gegen Rassismus-Vorwürfe und dagegen, er habe mit seinem Buch „Neukölln ist überall“ provozieren wollen. Dazu kritisiert er Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und legt seine Forderungen an eine funktionierende Integrationspolitik dar. (Tagesspiegel) Unterdessen kommentiert Johannes Schneider im gleichen Blatt das Verhalten der Neuköllner SPD. Diese wurde im Netz gemobbt, nachdem sie Buschkowskys Buch „rassistisch“ genannt hatte. Selbst schuld, meinte der Sprecher der Neuköllner SPD dazu. Schneider dazu: „Ist das gedankenlos? Vielleicht. Ist es zynisch? Auf jeden Fall!“ (Tagesspiegel)

Dessau-Roßlau: Hunderte Gegendemonstranten*innen bei Nazi-Aufmarsch

In Dessau-Roßlau haben am Sonnabend rund 400 Menschen gegen einen Nazi-Aufmarsch protestiert. Im Mittelpunkt der Aktionen unter dem Motto „Bunt statt braun“ stand ein „demokratischer Stadtrundgang“ mit Kundgebungen und einer Mahnwache von Kirchengemeinden. An dem Nazi-Aufmarsch nahmen laut Polizei rund 280 Anhänger der rechtsextremen Szene teil. Mehrere Hundert Beamte waren im Einsatz. (MDR Online, Mitteldeutsche Zeitung)

Idstein: Buntes Bündnis für Toleranz

Rund 250 Idsteiner*innen haben gegen die „German Defence League“ vor dem sudanesischem Honorarkonsulat demonstriert. Mit den Rufen „Nazis raus. Nazis raus!“, „Ihr seid so lächerlich, ihr seid so lächerlich!“, „Raus aus Idstein, ihr Faschistenpack!“ oder „GDL – Ganz Dumme Leute!“ begegneten sie den 23 schwarz gekleideten, teilweise vermummten Mitgliedern der „German Defence League“ (GDL), als die Rechtsextremen fahnenschwingend und Parolen rufend in ihr von der Polizei abgesperrtes Areal vor dem Haus des Honorarkonsuls des Sudan im Idsteiner Wohngebiet Gänsberg einrückten. (Wiesbadener Tagblatt)

Buch: Blick in das Innere der rechtsextremen Szene

„Blut muss fließen“ lauten drei Worte aus einem antisemitischen Lied der SA, das deren Angehörige bei Aufmärschen auf den Straßen laut brüllten. Unter diesem Titel hat nun der Journalist Thomas Kuban ein Buch geschrieben, in dem er von seinen Recherchen mit versteckter Kamera in diesem Bereich des Rechtsextremismus berichtet: authentisch wirkend, aber auch subjektiv gehalten. (blick nach rechts)

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