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11.06.2014 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NPD-Klagen gegen Gauck und Wahlverfahren gescheitert +++ Neuer NSU-Zusammenhang? Dresdner Bericht in Jenaer Bombenwerkstatt +++ Wanzleben: Jugendliche beleidigen nach Fußballspiel türkische Mannschaft.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NPD-Klagen gegen Gauck und Wahlverfahren gescheitert

Die NPD ist mit zwei Klagen zu den Äußerungsrechten des Bundespräsidenten und dem Verfahren zu seiner Wahl vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Der Bundespräsident hat demnach eine große Redefreiheit und darf sich auch negativ über extreme Parteien äußern, wie aus einem der beiden in Karlsruhe verkündeten Urteile hervorgeht. Demnach durfte Amtsinhaber Joachim Gauck NPD-Anhänger öffentlich als „Spinner“ bezeichnen. In dem zweiten Urteil entschied das Gericht, dass die Wahlen der Gauck-Vorgänger Horst Köhler und Christian Wulff zu Bundespräsidenten in den Jahren 2009 und 2010 korrekt abgelaufen sind und den Delegierten der Bundesversammlung bei solchen Wahlen kein Rede- oder Antragsrecht zusteht (Die Welt, rp-online). Stefan Schölermann von der Deutschen Welle sieht das Verfahren als PR-Coup.

Neuer NSU-Zusammenhang? Dresdner Bericht in Jenaer Bombenwerkstatt

NSU-Mann Uwe Mundlos hat sich für die Hinrichtung eines sächsischen Neonazis 1995 interessiert – mindestens.Der Fall produzierte jede Menge Schlagzeilen. „Sven S. ermordet, weil er V-Mann war?“, fragte die „Bild“-Zeitung am 15. November 1995 auf Seite 1. „Ein Verräter hat nur eines verdient – den Tod. Grausame Lehre der Rechtsradikalen. Sven S. war einer von ihnen. Doch er wollte aussteigen“, hieß es auf Seite3 über den 24-jährigen Skinhead, der grausam misshandelt wurde, bevor er durch Messerstiche in den Hals starb. Nachdem tags drauf auch noch der Tod seines zwei Jahre jüngeren Bruders Michael bekannt wurde, sprach das Blatt vom „2. Rache-Mord der Neonazis“. Eine Sichtweise, von der sich die Lokalreporter allerdings ziemlich schnell lösten – so wie es offenbar auch die Ermittler taten. Wahlweise war alsbald die Rede von Waffengeschäften mit der „Russenmafia“ oder Drogendeals mit der „algerischen Mafia“. Aufgeklärt ist der Fall der Dresdner Brüder Silbermann freilich immer noch nicht – und auch deshalb im Januar 2013 von den sächsischen Ermittlern ans Bundeskriminalamt (BKA) übersandt worden. Der „Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass in der vom Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bis zu ihrem Abtauchen Anfang 1998 als Bombenwerkstatt genutzten Garage in Jena ein Zeitungsartikel zum Dresdner Doppelmord entdeckt wurde – ohne dass die Fahnder das zum Anlass nahmen, nach Querverbindungen zu suchen (Freie Presse, Die Grünen Sachsen)

Wanzleben: Jugendliche beleidigen nach Fußballspiel türkische Mannschaft

Aus Wut über ein verlorenes Fußballspiel haben Jugendliche in Wanzleben aus der Türkei stammende Austauschschüler ausländerfeindlich beschimpft. Der Polizei sei es drei Wochen nach dem Vorfall gelungen, die Täter dingfest zu machen, hieß es am Dienstag von den Ermittlern in Haldensleben. Es seien mehrere 16-Jährige und ein 13-Jähriger darunter. Alle haben gestanden. Die betrunkene Gruppe soll nach eigenen Angaben am 17. Mai nach einer Geburtstagsfeier an dem Wohnhaus vorbeigekommen sein, in dem einige Austauschschüler wohnten. Sie warfen Steine gegen Fenster, urinierten gegen die Haustür und grölten fremdenfeindliche Parolen, hieß es. Die Jungen, die in Wanzleben und Groß Germersleben wohnen, hätten zuvor ein Fußballspiel gegen die türkische Mannschaft verloren (MZ-Web).

UN warnen vor Fremdenhass

Verletzungen der Menschenrechte hat Navi Pillay oft angeprangert. Zum Ende ihrer Amtszeit als UN-Hochkommissarin warnt sie vor Rassismus in Europa. Selbst in gefestigten Demokratien drohe die politische Rhetorik von Extremisten den Kampf gegen Diskriminierung aufzuweichen, sagte sie am Dienstag bei der Eröffnung der 26. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf. Pillay verwies auf die Erfolge ausländerfeindlicher Parteien bei der Europawahl. Im neuen Europaparlament werde nun zum Beispiel ein deutscher Politiker sitzen, der erklärt habe, Europa müsse „ein Kontinent der weißen Menschen bleiben“, sagte Pillay. Damit spielte sie auf eine Äußerung des Ex-Chefs der rechtsextremen NPD, Udo Voigt, an, der seine Partei nun als Abgeordneter in Straßburg und Brüssel vertritt (mittelbayerische.de).

NPD: Auf dem Boden der Tatsachen

Ein halbes Jahr ist Udo Pastörs nun in dem Amt, von dem er seit Jahren geträumt hatte. Dass es kein Traumjob ist, NPD-Vorsitzender zu sein, dürfte er freilich längst gespürt haben. Noch ist allerdings bei ihm nicht einmal eine besondere Agenda zu erkennen. Damit bleibt ausgerechnet der Scharfmacher aus Mecklenburg-Vorpommern als NPD-Vorsitzender konturloser als seine Vorgänger (Blick nach rechts).

Die Brandenburger Reichsbürger: König auf Youtube

Monarchisten, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten: Für die sogenannten Reichsbürger existiert die Bundesrepublik Deutschland gar nicht. In ihren Augen leben wir weiterhin in den Grenzen des Deutschen Reiches von 1937. „Jetzt ist der Augenblick gekommen, um den neuen Staat zu gründen. Erhebt Eure Herzen!“ Reichsapfel, Zepter und Hermelinumhang – 2012 lässt sich Peter Fitzek vor mehreren hundert Anhängern in der Lutherstadt Wittenberg zum König krönen. Es ist eine bizarre Zeremonie in einer Mehrzweckhalle. Auf der Videoplattform Youtube weltweit zu sehen. Reporter vom Deutschlandradio Kultur haben ihn besucht.

Peter Maffay: „Die Welt ist offener geworden“

Peter Maffay engagiert sich seit vielen Jahren gegen Fremdenhass und Gewalt. Mit seiner Teilnahme bei „Birlikte“ wollte der Künstler die nächste Generation gegen rechtsextreme Parolen immun machen (General-Anzeiger Bonn).

Dresden am 17. Juni: „Es müssen mehr auf die Straße“

Kaum ist der Spuk des Neonazi-Aufmarschs in Dresden vorbei, steht der nächste bevor. Am kommenden Dienstag ruft die NPD zur Kundgebung auf. Vor dem Haus der Presse, den Redaktionen der Sächsischen Zeitung und der Dresdner Morgenpost, wollen sie eine Kundgebung gegen „Medienwillkür“, wie sie es nennen, abhalten. „Wir mobilisieren gegen diese Diffamierungsversuche und für die Pressefreiheit“, erklärt Josef Sternfeld vom „Forum gegen Rechts“. Da der 17. Juni ein etablierter Termin der Neonazis sei, rechnet das Forum mit 300 bis 500 Teilnehmern. „Beim Protest ist die Zivilgesellschaft gefragt“, so Sternfeld. (Sächsische Zeitung).

Frankreich: Papa Le Pen darf keine Videos mehr posten

Die Chefin der französischen Rechtsaußen-Partei Front National, Marine Le Pen, brüskiert ihren 85 Jahre alten Vater Jean-Marie Le Pen. Das Urgestein der französischen Rechtsextremen darf nach einer neuen antisemitischen Attacke keine Videos mehr auf der Website der von ihm gegründeten Partei veröffentlichen. Ein Parteisprecher machte dafür knapp „juristische Gründe“ geltend. Jean-Marie Le Pe gab sich in einem Interview empört. Emotional sei er sehr verletzt, sagte er der Nachrichtenwebsite lepoint.fr in einem Telefongespräch. Er habe keinerlei Kontakt mehr zu seiner Tochter (Abendzeitung; Hintergrund zu Le Pen bei Welt.de).

Sonneberg: NPD-Mann Wieschke verurteilt wegen Volksverhetzung

Die NPD-Demo vom 18. Mai 2013 hatte am Montag vergangener Woche ein juristisches Nachspiel vorm Amtsgericht Sonneberg. NPD-Landeschef Patrick Wieschke musste sich wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten. Das Gericht sah es dabei als erwiesen an, dass der Rechtsextremist bei diversen Kundgebungen beim Marsch durchs Sonneberger Stadtgebiet die Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung überschritt. Der 33-Jährige wurde zu einer Freiheitstrafe von drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt ist. Auch eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro ist zu leisten (inSuedthueringen.de).

Bedrohliche Anti-Roma-Hetze in Tschechien

Gewalttätige Ausschreitungen von Neonazis gegen Roma in Tschechien finden mitunter Beifall in der Bevölkerung. Dem aktuellen tschechischen Extremismus-Bericht zufolge ist die Hetze gegen Roma die größte Bedrohung im Land. Aufmärsche und Demonstrationen gegen Roma fanden unter anderem in ?eské Bud?jovice, Duchcov, Vítkov und Ostrava statt. Die Anti-Roma-Demonstration in ?eské Bud?jovice (vormals Budweis) im Juni 2013 endete in einer massiven Straßenschlacht. Die Neonazis warfen Pflastersteine, zündeten Müllcontainer an und schoben sie in Richtung der Polizei. Dabei brüllten sie Parolen wie „Zigeuner ins Gas!“ Hunderte Neonazis versuchten ein Pogrom an rund 350 Roma in der rund 100 000 Einwohner zählenden Stadt zu entfachen. Die Angriffe wurden von Gejohle und Beifall aus der Bevölkerung begleitet (blick-nach-rechts.de).

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