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07.01.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Demonstration gegen Rassismus vor Berliner Diskothek nach Überfall auf Kenianer +++ Niedersachsen: NPD plant Aufmärsche vor der Landtagswahl +++ Berliner Neonazis verprügeln sich gegenseitig.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Demonstration gegen Rassismus vor Berliner Diskothek nach Überfall auf Kenianer

Rund 90 Menschen sind am Freitag vor der Berliner Diskothek Q-Dorf gegen Rassismus und für ethnische und kulturelle Vielfalt auf die Straße gegangen. In dem Nachtclub nahe des Kurfürstendamms war am Silvestermorgen ein 40 Jahre alter Mann offenbar Opfer eines rassistischen Angriffs geworden. Der Kenianer, der im Q-Dorf als Toilettenmann arbeitet, war nach eigener Aussage von drei Männern zu Boden getreten und mit einer abgebrochenen Glasflasche ins Auge geschlagen worden. Dabei hätten sie ihn als „dreckigen Ausländer“ beschimpft. (rbb online) Eine Woche nach dem Überfall gibt es bislang noch keine heiße Spur, der Staatsschutz ermittelt. (Welt Online, taz)

Niedersachsen: NPD plant Aufmärsche vor der Landtagswahl

Gewerkschaften und Bündnisse gegen Rechts haben zu Protesten gegen geplante NPD-Aufmärsche aufgerufen. Denn die rechtsextreme Partei hat für kommenden Montag und Dienstag Kundgebungen in Braunschweig, Wolfenbüttel und Salzgitter angemeldet. Die Städte hatten die Veranstaltungen an den geplanten Orten verboten. In Braunschweig wurde der Partei statt dem Burgplatz als Ausweichfläche ein Platz am Bahnhof angeboten. Dagegen ging die NPD vor und bekam vom Verwaltungsgericht Braunschweig am Freitag Recht: Die NPD-Kundgebung am Montag auf dem Burgplatz wurde mit Einschränkungen genehmigt. Dagegen wiederum legte die Stadt Braunschweig Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Doch am Sonnabend bestätigte das Lüneburger Gericht die Entscheidung der Vorinstanz. (NDR Online) Unterdessen stellt „blick nach rechts“ fest, die Aktionen der NPD könnten nicht darüber hinweg täuschen, dass die Partei in ihrem Stammland offenbar am Boden liege. (blick nach rechts)

Berliner Neonazis verprügeln sich gegenseitig

Prellungen, Schürfwunden und 1,1 Promille – das ist die Bilanz für einen 46-jährigen Mann, der am Samstagnachmittag in einer Lichtenberger Gaststätte in der Rüdigerstraße aus einer sechsköpfigen Gruppe Rechtsextremer angegriffen wurde. Umso erstaunlicher, da sich der Angegriffene vorher gut mit den Rechtsextremen verstanden hatte, die lautstark „Sieg Heil“ sowie rassistische und antisemitische Sprüche skandierten. Plötzlich bekam der Mann von einem 28-Jährigen mehrere Faustschläge an den Kopf, woraufhin die Polizei alarmiert wurde. Als die Polizei an der Gaststätte eintraf, wurde sie von einem anderen 28-Jährigen mit rassistischen Sprüchen begrüßt. (Tagesspiegel)

Magdeburg: Nazi-Aufmarsch soll Geschichte werden

Am 12. Januar werden wieder weit über 1.000 Neonazis in Magdeburg ihre geschichtsrevisionistische Ideologie auf die Straße tragen. Damit etabliert sich der Aufmarsch weiter als „Ersatz-Dresden“. Bisher gilt Magdeburg als sichere Alternative für die Neonazis, Proteste wie in Dresden gibt es bisher nicht. (Publikative.org)

„Spiegel“: NRW half 130 Neonazis beim Ausstieg

Das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen hat in den vergangenen Jahren 130 Neonazis beim Ausstieg aus der rechten Szene geholfen. Derzeit würden 40 Männer und Frauen betreut, mehr als doppelt so viele wie erwartet, berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf das Ministerium. Die Zahl sei laut Ministerium so stark gestiegen, weil Innenminister Ralf Jäger (SPD) Neonazi-Kameradschaften in Dortmund, Hamm, Aachen und Köln verboten habe. (Welt Online) Dazu kommentiert die „WAZ“: “ Abseits aller lautstarker Debatten etwa um ein NPD-Verbot und dem üblichen parteipolitischen Getöse stellt sich Erfolg im Kampf gegen Rechts mitunter im Verborgenen ein. Die öffentlich kaum registrierte Kleinarbeit im Umgang mit ausstiegswilligen Neonazis macht deutlich, was sich mit beharrlichem Einsatz erreichen lässt.“ Umso wichtiger sei pragmatische Unterstützung von außen, die das Aussteigerprogramm biete. Als Hilfsangebot sei es deshalb unverzichtbar – und bei allem Spardruck des Landes eine der wenigen Tabuzonen im Haushalt, die von Kürzungen verschont bleiben müssen. (Der Westen)

Sachsen-Anhalt: NPD-Landesverband verliert seine Basis

Nach den Beobachtungen von Sachsen-Anhalts Verfassungsschützern verliert die NPD im Land immer mehr an Bedeutung. Die Zahl der Kreisverbände mit seinen insgesamt 250 Mitgliedern ist in den vergangenen Jahren auf 11 geschrumpft. Stützpunkte der Jungen Nationaldemokraten (JN), der Jugendorganisation der NPD, gebe es nur noch drei im Land. Der Leiter des Verfassungschutzes Jochen Hollmann sagte gegenüber der Volksstimme: „Die NPD taugt für die rechtsradikalen Kräfte offensichtlich nicht mehr als große Bühne.“ Bisherige Protagonisten haben sich vom Landesverband bereits abgewendet. (Magdeburger Volksstimme)

Der rechte Haken: Neonazis im Breitensport

Frank Hillmer trainiert in Zwickau junge Boxer. Er ist ein Kümmerer, Politik ist ihm egal. Dann hieß es, sein Verein sei von Neonazis unterwandert. (taz)

Thomas Kuban im Interview: „Sie lassen sich von Nazis verarschen“

Thomas Kuban recherchiert undercover bei Rechtsextremen. Im Gespräch mit der „taz“ erklärt er, es sei ihm ein Rätsel, warum der Verfassungsschutz lieber V-Leute bezahlt als verdeckte Ermittler. (taz) Auch der „Stuttgarter Zeitung“ gab Kuban ein Interview, in dem er auf die steigende Zahl von Nazis hinwies und von seiner verdeckten Recherche berichtete. (Stuttgarter Zeitung)

Zweite jüdische Organisation kritisiert Augstein

Eine weitere jüdische US-Organisation hat sich in die Antisemitismus-Debatte um den Journalisten Jakob Augstein eingeschaltet. Die Anti-Defamation League (ADL) schließt sich der Argumentation des Simon-Wiesenthal-Zentrums an, das Augstein in eine Liste der schlimmsten Antisemiten des vergangenen Jahres genommen hatte. Augsteins Kommentar über die jüdische Kontrolle der US-Außenpolitik „überschreitet die Grenze zu antisemitischen Verschwörungstheorien“, sagte ADL-Direktor Ken Jacobson der „Jerusalem Post“. Zeitgleich gab er zu bedenken, dass „Kritik an Israel ist nicht immer gleich Antisemitismus ist“. Allerdings schränkte Jacobsen sein: „Ich weiß nicht genug über ihn (Augstein), um ihn als Antisemiten zu bezeichnen.“ (Welt Online) Unterdessen hat „Publikative.org“ eine Zitatsammlung Augsteins erstellt, um zu klären, ob dieser antisemitische Ressentiments in seinen Texten benutzt oder zur Förderung derselben beiträgt. (Publikative.org)

Woidke: Aufklärung ist der beste Verfassungsschutz

Brandenburg will Rechtsextremisten im Land weiter unter Druck setzen, auch mit offensiver Aufklärung. Der Verfassungsschutz setze dabei auf Transparenz und Informationen, sagte Innenminister Dietmar Woidke am Sonntag in Potsdam. „So stärken wir unsere wehrhafte Demokratie. Denn der beste Verfassungsschutz sind aufgeklärte Menschen.“ Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sprachen im Vorjahr in 116 Veranstaltungen über Rechtsextremismus, aber auch Linksextremismus und islamistischen Extremismus. Daran nehmen mehr als 4.300 Zuhörer teil, darunter Jugendliche, Sportler, Feuerwehrleute, Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter. (Märkische Oderzeitung, rbb online)

Rassismusvorwürfe gegen Bundespolizei häufen sich

Diskriminierung bei Personenkontrollen: Dutzende Zeugen und Betroffene haben sich nach „Spiegel“-Informationen bei der Bundespolizei beschwert, dass Menschen wegen ihres ausländischen Aussehens überprüft wurden. Die Beamten geben nur bei einem Bruchteil der Fälle Fehler zu. (Spiegel Online)

Rassismus-Welle im europäischen Fußball

Der Fall um die rassistischen Beleidigungen gegen den Mailänder Fußballprofi Kevin-Prince Boateng, Halbbruder des deutschen Nationalspielers Jerome Boateng, weitet sich aus. Nun schaltet sich die weltweite Fußballer-Gewerkschaft Fifpro ein und fordert Fußballverbände sowie Regierungen in betroffenen Ländern zu konkreten Gegenmaßnahmen auf. „Die Fußballwelt muss endlich realisieren, dass dieses Verhalten ein Ende haben muss. Rassismus darf weder in der Gesellschaft noch im Fußball toleriert werden“, teilte der zuständige Fifpro-Vertreter Tony Higgins der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit. (faz.net, Tagesschau.de) Unterdessen haben Kevin-Prince Boateng und der AC Mailand für ihr mutiges Signal gegen Rassismus in Italien und auch international viel Anerkennung bekommen. Gleichzeitig sagte Boateng gegenüber dem TV-Sender CNN, wenn er nochmal in einem Spiel rassistisch beleidigt werde, werde er wieder vom Platz gehen – egal ob in einem Testspiel, einer Partie in der italienischen Liga oder in einem Champions-League-Spiel. (Zeit Online) Nur Fifa-Chef Joseph Blatter kritisiert Boateng: „Ich denke, dass ein Spieler nicht einfach vom Feld gehen kann, das ist nicht die Lösung“, sagte der Weltverbands-Chef am Rande einer Veranstaltung in Dubai laut der in den Vereinigten Arabischen Emiraten erscheinenden Zeitung „The National“. Sonst könne man schließlich bei einer drohenden Niederlage einfach vom Platz. (Spiegel Online) Nun hat ein erster Fan nach italienischen Medienangaben vom Freitag gestanden, im Stadion von Busto Arsizio rassistische Sprechchöre angestimmt zu haben. Wie die zuständige Polizei in Varese mitteilte, konnten die Täter mit Hilfe von Video-Aufzeichnungen ermittelt werden. Ihnen drohen Stadionverbote von fünf Jahren und weitere Verfahren. (Augsburger Allgemeine)

Die Kleine Hexe, ohne Rassismus

„Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler wird künftig ohne diskriminierende Begriffe erscheinen. Ein Leserbrief hat die Nachkommen des Autors überzeugt. (taz)

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Chronik Rechte und rassistische Gewalt der Woche

Vom  09. bis 18. Juni 2023: Wöchentlich stellen wir Gewalttaten bundesweit zusammen, um einen Überblick über die Alltäglichkeit rechter Gewalt…

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