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05.02.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Jenaer Oberbürgermeister ruft zur Demo in Dresden auf – und rechnet mit neuem Rechtsterror +++ Was hinter den deutschen Debatten steht +++ Bündnis „Cottbus Nazifrei!“ erwartet am 15.02. erfolgreiche Blockaden gegen rechtsextremen Aufzug

 

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Jenaer Oberbürgermeister ruft zur Demo in Dresden auf – und rechnet mit neuem Rechtsterror

„Dresden geht uns alle an“, sagt Dr. Albrecht Schröter (SPD), der Jenaer Oberbürgermeister, auch in diesem Jahr. Er wird am Mittwoch, 13. Februar, in Dresden am Täterspurenmahngang teilnehmen und sich dann, wie auch in den Vorjahren, den Jenaern anschließen, die nach Dresden kommen, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen. „Ich rufe die Jenaerinnen und Jenaer dazu auf, an diesem Tag nach Dresden zu fahren, um dort ein deutliches Zeichen dafür zu setzen, dass wir den Nazis keinen Raum lassen“, so Albrecht Schröter. Die Gefahren des Rechtsextremismus seien längst nicht gebannt. Im Gegenteil, es sei mit größerer Aggression seitens der Neonazis zu rechnen und mit noch intensiverer Unterwanderung von Vereinen und Einrichtungen. Seit vielen Jahren versammeln sich am und um den 13. Februar in Dresden Nazis zu einem so genannten „Trauermarsch“. Am Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg verdrehen sie die Geschichte und nutzen den Mythos von der „unschuldigen Stadt“. (Jenaer Nachrichten) Über ein Jahr nach Aufdeckung der Neonazi-Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) rechnet Schröter darüber hinaus mit neuen rechts-terroristischen Gewalttaten. Derzeit gebe es nach seiner Einschätzung „mindestens zwanzig Leute“ im Untergrund, sagte er am Samstag bei einer Veranstaltung im Evangelischen Bildungszentrum (EBZ) Bad Alexandersbad im Landkreis Wunsiedel in Bayern: „Mein Gefühl sagt mir: Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die wieder zuschlagen.“ Den Unterstützerkreis für die untergetauchten gewaltbereiten Neonazis schätzt der Politiker auf 50 bis 80 Personen. (OTZ)

Was hinter den deutschen Debatten steht

Es gibt gerade einen auffälligen Debattenstau in Deutschland. Da geht es um Antisemitismus, um Rassismus und Sexismus. Gestritten wird auf allen traditionellen und neuen Medienkanälen. Nun könnte man die drei Diskurse jeden für sich mit einer einfachen Grundregel der Höflichkeit beiseitefegen: Es geht nie darum, wie man Ressentiments definiert, sondern wie sie empfunden werden. Da mangelt es in Deutschland oft an Feingefühl. Einer der Höhepunkte war die Verlautbarung der ARD, mit der sie einen Auftritt ihres Literaturkritikers Denis Scheck verteidigte, der schwarz geschminkt und mit weißen Handschuhen gegen die Tilgung rassistischer Wörter aus Kinderbuchklassikern argumentierte. So ein Aufzug steht in der Tradition des „Blackface“, einer rassistischen Tölpelei aus dem amerikanischen Revuetheater des 19. Jahrhunderts. Da gibt es nichts schönzureden. Da hilft auch der Verweis der ARD auf die „Othello“-Inszenierung von 1976 nicht, bei der Ulrich Wildgruber in Hamburg schwarz geschminkt auftrat. Doch Empörung und Dünkel sind publizistische Anabolika, die jede Debatte verzerren. Dabei verbirgt sich hinter allen drei Debatten viel mehr als in Talkshows und Kommentaren verhandelt wird. (Süddeutsche Zeitung)

„Cottbus Nazifrei!“ erwartet erfolgreiche Blockaden gegen rechtsextremen Aufzug

Das Bündnis „Cottbus Nazifrei!“ ist optimistisch, den geplanten Aufmarsch Rechtsradikaler am 15. Februar mit Sitzblockaden zu verhindern. „Wir sind guter Dinge, dass wir den Neonazis in diesem Jahr auch ihren letzten Raum nehmen können“, sagte Sprecherin Angelika Müller am Montag in Cottbus. Das Bündnis erhalte viele Solidaritätsbekundungen und Unterstützung aus anderen Städten. Cottbus ist den Angaben zufolge das letzte verbleibende Aufmarschgebiet für Neonazis in Brandenburg. In allen anderen Städten des Bundeslandes konnten die Versammlungen von Rechtsradikalen durch breite zivilgesellschaftliche Bündnisse verhindert werden, hieß es. Das Aktionsbündnis rechnet nach eigenen Angaben mit mehr als 2.000 Teilnehmern an den Protestveranstaltungen zum Jahrestag der Luftangriffe auf Cottbus. (Welt Online) Gemeinsam mit „Cottbus bekennt Farbe“ lädt das Bündnis am Donnerstag zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Aktionstag des 15. Februar ins Cottbuser Piccolotheater ein. Erklärt werden sollen die Beweggründe und die verschiedenen Aktionsformen gegen den „Gedenkmarsch“ verschiedener Neonazi-Organisationen am Jahrestag des Luftangriffes auf Cottbus. Mittlerweile erhält das Bündnis Cottbus Nazifrei! außerdem breite Unterstützung von Prominenten und aus anderen Städten. Darunter sind Konstantin Wecker, Dagmar Enkelmann, der Finanzminister in Brandenburg und z.B. das Planetarium in Cottbus. (Niederlausitz aktuell)

Kehren die Neonazis in die Fankurven zurück?

Die „Aachen Ultras“ haben sich als politische Fangruppe verstanden, als antirassistisch. Sie haben ihre Liebe zum Verein Alemannia gezeigt, aber eben auch ihren Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie. Dieses klare Bekenntnis hat einigen Fans nicht gefallen: vor allem der „Karlsbande“ nicht, einer Ultra-Gruppierung, die sich als unpolitisch bezeichnet. Unpolitisch? Die „Karlsbande“ ist offen für alle, solange sie die Alemannia stützen, auch für Neonazis und Schläger. Die „Aachen Ultras“, kurz ACU, wurden wegen ihrer politischen Haltung eingeschüchtert, bedroht, angegriffen. Im Stadion, im Alltag, monatelang. Vor wenigen Wochen haben sie aufgegeben: „Wir sehen keine Perspektive mehr, im Stadion gegen eine rechts unterwanderte Fanstruktur einzutreten“, sagt ein Mitglied, das anonym bleiben möchte.Dieser Vorfall ist einmalig im deutschen Fußball. „Es ist traurig und schockierend, dass sich eine Gruppe junger Menschen, die sich gegen Diskriminierung einsetzt, vom eigenen Verein derart im Stich gelassen wird, dass sie sich entfremdet und enttäuscht zurückzieht“, kommentiert Patrick Gorschlüter, Sprecher des „Bündnisses aktiver Fußballfans“ (Baff), das sich seit bald zwanzig Jahren gegen Diskriminierungen einsetzt. Gorschlüter beobachtet, dass Rechtsextreme zuletzt offensiver geworden sind: In Dortmund haben Fans mit einem Transparent ihre Solidarität mit einer verbotenen rechtsextremen Gruppierung gezeigt. In Braunschweig hat eine antirassistische Gruppe in einer Broschüre detailliert Verstrickungen zwischen Neonazis und Fans des Zweitliga-Tabellenführers Eintracht nachgewiesen. Und auch aus Düsseldorf, Duisburg, Dresden oder Kaiserslautern wurden Diskriminierungen gemeldet. Überall gilt: Eine Minderheit schwächt die Mehrheit. (DW)

Friedrich: „Der Staat hat die NSU-Verbrechen nicht gedeckt“

Im Rahmen des bevorstehenden Türkeibesuchs des Bundesinnenministers wird das Thema „Terrorismus“ an erster Stelle stehen. Diesbezüglich sieht Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) keine Anhaltspunkte dafür, dass die NSU-Verbrechen von staatlichen Stellen gedeckt wurden. (DTJ)

klicksafe feiert den 10. „Safer Internet Day“

Als 2004 der erste Safer Internet Day ausgerufen wurde, gab es weder YouTube (Gründung: 2005) noch Facebook (Gründung: 2004). Das Thema „Sicherheit im Netz“ gewinnt zunehmend an Bedeutung. In Deutschland koordiniert die EU-Initiative klicksafe die vielfältigen Maßnahmen zu dem internationalen Aktionstag. Schulen, Unternehmen und Initiativen sind aufgerufen, sich mit eigenen Aktivitäten am Safer Internet Day am 5. Februar zu beteiligen. Bereits über 150 Veranstaltungen und Aktionen sind bundesweit registriert, Tendenz weiter steigend. In diesem Jahr geht es zentral um Online-Rechte und Verantwortung: klicksafe rückt das Thema „Rechtsextremismus im Netz“ in den Fokus. Auch die Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger warnt vor der Gefahr von Rechts im Netz. (PresseBox)

Neonazis wegen brutaler Prügelattacke vor Gericht

Wegen einer brutalen Prügelattacke auf einen Mann stehen seit Montag zwei mutmaßliche Neonazis vor dem Landgericht in Osnabrück. Die 34- und 47-Jährigen sollen ihr Opfer im August 2012 lebensgefährlich verletzt haben. Laut Staatsanwaltschaft hatten sie den Mann auf dessen Grundstück getreten und geschlagen, nachdem dieser die Angeklagten zum Verlassen des Geländes aufgefordert hatte. Sie sollen dabei ihre auf dem Oberkörper eintätowierten Hakenkreuze gezeigt haben. (Welt Online)

Leser spenden mehr als 14.000 Euro für Nazi-Opfer Orazio Giamblanco

Die Anteilnahme vieler Leser am Schicksal des schwer behinderten Orazio Giamblanco ist einfach großartig. Ein rechtsextremer Skinhead schlug den Italiener 1996 in Trebbin (südlich von Berlin) fast tot, der Tagesspiegel berichtet seit Anfang 1997 Jahr für Jahr, wie es Giamblanco geht. Seit Anfang Dezember sind für ihn Spenden in Höhe von 14.218 Euro eingegangen. Das Geld landete auf dem Konto des Potsdamer Vereins Opferperspektive, der seit Jahren gemeinsam mit dem Tagesspiegel sammelt. Außerdem hat die Stadt Trebbin auf ihrem Konto im gesamten Jahr 2012 und jetzt im Januar 3.765 Euro eingenommen. Der in Bielefeld lebende Giamblanco, seine Lebensgefährtin Angelica Berdes und ihre Tochter Efthimia, die mit viel Mühe den Schwerbehinderten pflegen, sind überwältigt. (Tagesspiegel)

Der Fluchthelfer aus Mexiko

Der Held der Geschichte ist zweifellos Gilberto Bosques. Womit nicht gesagt werden soll, dass sie nicht alle Unglaubliches durchgemacht haben: Anna Seghers, Hanns Eisler, Walter Janka, Brigitte Alexander und all die anderen, die vor den deutschen Faschisten nach Mexiko geflüchtet sind. Aber ohne Gilberto Bosques hätten sie wohl nie ihr Exilland in Übersee erreicht. Der mexikanische Generalkonsul stellte ab 1939 Kämpfern aus dem Spanischen Bürgerkrieg und weiteren Verfolgten der Nazis Ausweispapiere aus und sorgte damit dafür, dass zahlreiche Juden und Kommunisten Europa sicher verlassen konnten. Bei Marseille mietete er zwei Schlösser, in denen über tausend Flüchtige Schutz, Essen und medizinische Versorgung erhielten, bevor sie sich auf die Schiffsreise machten. Den Lebensweg von 25 deutschen Intellektuellen, die so nach Mexiko gelangten, zeichnet eine Ausstellung nach, die derzeit in der Berliner Akademie der Künste zu sehen ist. (taz)

Lübeck: Nazi-Demo abgesagt

Erleichterung in Lübeck: Der für Karsonnabend geplante „Trauermarsch“ der Neonazis ist für dieses Jahr abgesagt worden. Das haben die Organisatoren auf ihrer Internetseite bekanntgegeben. Künftig wolle man landesweit Mahnwachen, Gedenkminuten und Kranzniederlegungen organisieren. Anlass für die Neonazi-Aktionen ist die Bombardierung Lübecks im Jahr 1942. Seit 2006 versetzen die Rechtsextremen den Bereich rund um den Hauptbahnhof in einen Ausnahmezustand. Zahlreiche Organisationen stellen alljährlich Protestveranstaltungen gegen Rechts auf die Beine, zu denen Tausende von Menschen kommen. In diesem Jahr war die Sorge bei Handel und Kirche besonders groß, da der Neonazi-Aufmarsch auf den Karsonnabend fallen sollte. „Wenn das stimmen sollte, wäre das ein geiler Erfolg für die Lübeckerinnen und Lübecker, die immer wieder aufgestanden sind“, sagt Thorsten Fürter (Grüne). Die FUL-Bürgerschaftsfraktion zeigt sich „sehr erleichtert, das Lübeck der braune Spuk erspart bleibt“. (Lübecker Nachrichten) Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Rother begrüßte die erklärte Absage der rechtsextremen Demonstration in Lübeck: „Die Neonazis haben keine Lust mehr, sich zu blamieren.“ (Lübecker Nachrichten)

Pastörs erneut im Visier der Staatsanwälte

Gegen Udo Pastörs laufen bereits zwei Verfahren. Die Staatsanwaltschaft Schwerin beantragt nach Informationen des Nordmagazins nun erneut, die Immunität des NPD-Landtags-Abgeordneten Pastörs aufzuheben. Grund ist eine Anzeige gegen Pastörs wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Erst in der vergangenen Woche hatte der Landtag die Immunität des NPD-Fraktionschefs in einer anderen Sache aufgehoben. Nun muss er wieder entscheiden. (NDR)

Ex-NPD-Kassenwart bleibt ungeschoren

Das Strafverfahren gegen den ehemaligen NPD-Schatzmeister Erwin Kemna wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz wird eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte Kemna vorgeworfen, in den von ihm vorgelegten Rechenschaftsberichten der NPD für 2002 bis 2006 die Einnahmen der Partei aus Spenden und Beiträgen um insgesamt knapp 870.000 Euro zu hoch beziffert zu haben. In der Folge habe die NPD rund 271.000 Euro unrechtmäßig aus der Staatskasse erhalten. Am vierten von zunächst 14 vorgesehenen Verhandlungstagen beantragte die Staatsanwaltschaft heute die Einstellung des Verfahrens. Das Landgericht folgte dem Antrag. „Nach den bisherigen Ergebnissen der Beweisaufnahme hat die Kammer es zwar für möglich gehalten, dass die Rechenschaftsberichte falsche Angaben enthalten“, zitieren die „Westfälischen Nachrichten“ das Gericht. Die Richter seien aber zu der Auffassung gekommen, dass der feststellbare Umfang der möglicherweise erschlichenen staatlichen Zuschüsse ganz erheblich hinter den Anklagevorwürfen zurückbleibe. Eine mögliche Strafe für Kemna wäre neben der bereits in einem ähnlichen Verfahren erfolgten Verurteilung nicht mehr beträchtlich ins Gewicht gefallen, so das Landgericht: Kemna war 2008 wegen Untreue zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden, weil er rund 740.000 Euro aus der Parteikasse in sein finanziell marodes Küchenstudio umgeleitet hatte. (blick nach rechts)

 

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