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Zahlen & Einstellungen Nicht-muslimische Deutsche zu Muslimen

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Grafik zum "Religionsmonitor - verstehen was verbindet, Sonderauswertung Islam 2015" der Bertelsmann-Stiftung. (Quelle: Bertelsmann-Stiftung)

Wie sehen Deutsche Muslime – und wie sehen Muslime Deutschland?

Bertelsmann Stiftung, Religionsmonitor – verstehen was verbindet, Sonderauswertung Islam 2015

Muslime in Deutschland

+ Muslime in Deutschland zeigen hohe Verbundenheit mit Deutschland.

+ hohe Zustimmung zu gesellschaftlichen Grundwerten + umfangreiche Kontakte zu Nicht-Muslimen (90 % der Befragten).

+ Muslime schätzen Grundprinzip der Demokratie (90 % Zustimmung).

+ Muslime sind für religiöse Vielfalt offen (71 % Zustimmung), erkennen andere Religionen in hohem Maße an (85 % Zustimmung).

+ Gängige Thesen zur muslimischen Parallelgesellschaft sind faktisch nicht haltbar.

+ Muslime pflegen ihre religiösen Traditionen, sind in Deutschland lebend aber deutlich liberaler – auch die hochreligiösen (z.B. 40 % der hochreligiösen Sunniten in Deutschland finden, Homosexuelle sollten die Möglichkeit haben, zu heiraten – in der Türkei stimmen nur 12 % zu; bei den wenig religiösen Sunniten in Deutschland liegt die Zustimung bei 67 %).

+ 5 % der Gesamtbevölkerung Deutschlands sind Muslime, in Ostdeutschland 2 %

Islamfeindlichkeit

+ Die deutsche Mehrheitsbevölkerung lehnt Muslime und den Islam zunehmend ab.

+ Über die Hälfte der Bevölkerung sieht den Islam als Bedrohung (57 %; – 55 % in Westdeutschland, 66 % in Ostdeutschland; Sachsen: 78 % (höchster Wert))  und findet, er passe nicht in die westliche Welt (61 %).

+ Diese Ablehnung des Islam hat in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen.

+ 40 % geben an, sich durch Muslime „fremd im eigenen Land“ zu fühlen – auch dort, wo es kaum Muslime gibt, z.B. Ostdeutschland.

+ Ein Viertel der Bevölkerung (24 %) meint, die Einwanderung von Muslimen nach Deutschland soll untersagt werden (Westdeutschalnd: 22 % / Ostdeutschland 29 %).

+ Der Nährboden für rechtspopulistische Parteien und Bewegungen wie Pegida und HoGeSa.

+ Weniger als 1 % der Muslime in Deutschland sind radikale Islamisten, trotzdem prägen sie das Bild der 4 Millionen Muslime in Deutschland.

+ Islamfeindlichkeit ist ein „salonfähiger“ gesellschaftlicher Trend – weder politische Orientierung noch Bildnungsniveau haben nenneswerten Einfluss auf die Islamfeindlichkeit.

+ aber: Einfluss hat, ob man Religonen kritisch gegenübersteht (desto kritischer sehen die Befragten auch den Islam).

+ und: Einfluss hat die Lebenszufriedenheit: Wer unzufrieden ist, ist islamfeindlicher.

+ am wenigsten islamfeindlich sind Menschen zwischen 16 und 25 Jahren; schon bei den 25- bis 40-Jährigen steigt die Islamfeindlichkeit deutlich.

+ Die Wahrnehmung des Islam wird weniger durch die tatsächliche als druch die empfundene Lebenssituation beeinflusst.

+ Wer keine Muslime kennt, ist islamfeindlicher (66 % ohne Kontakte zu Muslimen finden „den Islam“ bedrohlich, bei denen mit Kontakt sind es 43 %; 71 „ohne“ finden, dass der Islam nicht in die westliche Welt passt, bei denen „mit“ sind es 42 %).

+ Nur ein Drittel der Bürger haben überhaupt Kontakt zu Muslimen, in Ostdeutschland sogar nur jeder Zehnte.

 

Zusammenfassende Kommentierung: Die Ergebnisse in Bezug auf Pegida

Bei Betrachten der Studienresultate begreift man schnell, weshalb das islamfeindliche Bündnis Pegida in Sachsen so unglaublich schnell gewachsen ist und so viele Anhänger_innen und Sympathisant_innen findet: Viele Punkte, die Islamfeindlichkeit oder antimuslimischen Rassismus bedingen, scheinen durch die Studie der Bertelsmann-Stiftung auf eindeutige Weise in Sachsen bestätigt: Ostdeutsche lehnen den Islam signifikant häufiger ab, d.h. sie sehen den Islam nicht als Element der westlichen Welt oder fühlen sich im schlimmsten Fall sogar bedroht durch ihn. Außerdem hat der R.A.A. Sachsen  in einem Interview mit Belltower.news schon Anfang Dezember betont, die Menschen, die für Pegida auf die Straße gehen seien unzufrieden mit der etablierten Politik und den gesellschaftlichen Zuständen in diesem Land. Diese Unzufriedenheit entlädt sich nun in der Ablehnung beziehungsweise dem Hass gegenüber dem Islam. Die Frage: „Fühlen Sie sich durch den Islam bedroht?“ beantworteten 75% der Befragten mit „Ja“, die außerdem über sich sagen, sie seien mit ihrem Leben unzufrieden! Diese empfundene „Bedrohung durch den Islam“ ist Sinnbild des Phänomens Pegida und dessen Namen „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. (Eigentlich müsste das Bündnis wohl „Unzufriedene Europäer gegen die nicht-existente Islamisierung des Abendlandes“ heißen.)

Die 0,1% Muslime in der Bevölkerung Sachsens bestätigen noch ein weiteres Ergebnis der Studie: Menschen mit regelmäßigen Kontakten zu Muslimen sind weitaus weniger islamfeindlich als Menschen, die gar nicht mit Menschen muslimischen Glaubens in Kontakt kommen. Trauriger Weise wird in Sachsen die Bedrohung durch „Islamisierung“ zu einem außerordentlich hohen Anteil in der Bevölkerung empfunden, diese Ablehnung kann aber durch den geringen Anteil an muslimischen Sächsinnen und Sachsen weder revidiert und abgebaut werden! Kontakt zu Muslimen zu haben, ist also per se schon ziemlich unwahrscheinlich. Vorurteile gegen sie abzubauen damit wohl auch.

Wie können sich Menschen in Sachsen also von 0,1 Prozent Muslimen bedroht fühlen? Wo soll diese Islamisierung stattfinden? Die Unzufriedenheit über das eigene Leben zeigt sich in dem Protest gegen das vorherrschende politische System, in einem imaginären Kollektiv wie dem der Europäer_innen oder des Abendlandes und in der Übersteigerung von dessen Werten und Traditionen. Anstatt auf rationale Weise Kritik an Politik und Gesellschaft zu üben, schließen sich diese „Wutbürger_innen“ Pegida an. Die Schuld weisen sie einer religiösen Minderheit zu, die laut der Studie weder Interesse an einem Umsturz der Demokratie als Regierungsform haben, noch freiheitlich-demokratische Werte wie freie Sexualität verneinen. Weder vermeiden muslimische Menschen den Kontakt zu Personen mit anderen Religionen, noch sind sie integrationsunfähig und verkehren ausschließlich mit anderen Muslimen. Die Vorwürfe der Pegida-Anhänger_innen sind schlichtweg unhaltbar. Und Proteste gegen eine religiöse Minderheit aus Gründen allgemeiner Unzufriedenheit haben in Deutschland eine schreckliche Vergangenheit.Théo Garrel

Einwanderung von Muslimen

Laut Migrationsbericht 2013 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sind die Haupt-Einwanderungsländer nach Deutschland: Polen, Rumänien, Bulgarien, Italien und Spanien. Keines dieser Länder ist islamisch geprägt. Die EU-Binnenmigration macht 58 Prozent der gesamten Zuwanderung nach Deutschland aus. 67 % der Migranten sind Christen, 15 % Muslime und 18 % gehören keiner dieser Religionen an (siehe auch: Bund der Deutsch-türkischen Akademiker: „Die PEGIDA hatte Recht. Wir hatten Unrecht.“ 

Desweiteren erfährt man aus dem Migrationsbericht:

+ Die deutsche Gesellschaft ist von Vielfalt geprägt: In Deutschland hat jeder fünfte Einwohner einen Migrationshintergrund, bei Kindern unter zehn Jahren liegt dieser Anteil bei etwa einem Drittel.

+ Die humanitäre Zuwanderung wächst: Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen, ist weiter gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr um 70 Prozent. 

 

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Schwerpunkt Februar 2015| Einstellung von nicht-muslimische Deutsche zu Muslimen| Rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung| Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit| Pegida-Teilnehmer_innen-Zahlen| Rechtsextremismus kompakt in Stichworten und Zahlen

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