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Schluss mit Neonazi-Sprüchen

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Da gibt es zum Beispiel das Vorurteil vom „faulen, fetten und gefräßigen Schmarotzer“.

Lüge Nr. 10: „Die meisten Asylbewerber kommen doch nur hierher, um sich auf Kosten der Allgemeinheit ein schönes Leben zu machen. Die rühren keinen Finger und die deutschen Steuerzahler müssen sie durchfüttern.“

Die Antwort ist kurz und knapp, regt indes zum Weiterlesen an. Sie erklärt, wie schwer es überhaupt ist, als Flüchtling Asyl zu bekommen.Und dass es vor allem die so genannte Vorrangsprüfung gibt, die in vielen Fällen gilt und die besagt, dass nur diejenigen Ausländer einen Arbeitsplatz annehmen dürfen, wenn dafür nachweislich kein Deutscher und auch kein EU-Bürger gefunden werden konnte. „Die Vorrangprüfung stellt für Asylbewerber auch heute noch eine hohe Hürde dar und lässt ihnen nur die unattraktivsten Jobs übrig, die sonst keiner will!“Zum Thema „durchfüttern und Made im Speck“ steht folgendes im Buch: „Sie haben keinen Anspruch auf den normalen Sozialhilfesatz (…), sondern nur auf das „unabweisbar Gebotene.“ Das liegt im Jahr 2002 für einen erwachsenen Haushaltsvorstand bei monatlich 225 Euro. (…) Die Unterstützung wird zudem oft nur in Form von Einkaufsgutscheinen für bestimmte Läden oder gleich in Naturalien ausgehändigt. (…) Das alles spricht nicht gerade dafür, dass nicht arbeitende Asylbewerber hier wie die Maden im Speck leben.“
Die Antwort zeigt, dass viele Flüchtlinge unterhalb des Existenzminimums leben und dass ihnen der Arbeitsmarkt mitnichten offen steht.

Oder das Vorurteil, dass es Schulen gibt, wo kein Menschen mehr Deutsch spricht.

Lüge Nr. 18: „In vielen Klassen stellen die Ausländer längst die Mehrheit. Wer kein Türkisch spricht, wird bald zum Außenseiter.“

Die Antwort ist recht ausführlich. Sie weist zunächst darauf hin, dass diese Aussage Hysterie ist, denn: „Die Gesamtheit aller ausländischen Schüler an allgemeinbildenden Schulen macht lediglich 9,4 Prozent aus. (…)“ Sie schildert aber auch, dass es natürlich Wohngegenden mit besonders hohen Migrantenanteil gibt – wie etwa Berlin-Kreuzberg oder Duisburg-Bruckhausen. Dort gibt es Grund- und Haupstschulen, in denen denen Schüler mit Migrationshintergrund deutlich überwiegen.

Doch, wenn in diesen Klassen tatsächlich viele Kinder kein Deutsch sprechen, dann liegt das nicht an ihnen, sondern an dem Angebot der Förderkurse. Hierzu wird ein Auszug aus dem forum-bildung.de zitiert: „Die Schulen vermögen es offenbar nicht, durch ihr Unterrichts- oder sonstiges Angebot negative Konsequenzen der staatlichen, sprachlichen oder kulturellen und sozialen Herkunft eines Kindes auszugleichen. Das deutsche Schulwesen verfehlt damit seinen verbrieften Auftrag, für Bildungschancen unabhängig von Herkunft, Stand und sozialer Lage zu sorgen.“
Die Antwort zeigt, wie man rechtsextreme Propaganda schnell entschärfen kann, indem man gesellschaftspolitische Mißstände benennt.

Und als drittes und wahrscheinlich bekanntestes Vorurteil, die „kriminellen Ausländer“
Lüge Nr. 21:
„Ausländer sind krimineller veranlagt als Deutsche. Das beweist jede Statistik.“

Die Antwort stellt fest: „2001 besaßen 24,9 Prozent der von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. (…) Dennoch ist der Anteil Nichtdeutscher an den Tatverdächtigen im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil nur 8,9 Prozent. Warum?“ Dann folgen drei Gründe:
„Erstens wurden 28,6 Prozent der nichtdeutschen Tatverdächtigen aufgrund einer Straftat nach dem Ausländergesetz oder Asylverfahrensgesetz ermittelt – das sind Vergehen, die von Deutschen gar nicht begangen werden können. Im Prinzip reicht es schön, wenn der Verlängerungsantrag für die Aufenthaltsgenehmigung einige Tage nach Fristablauf eingereicht wird. (…)
Zweitens sind Ausländer, die sich illegal oder nur kurzfristig in Deutschland aufhalten, nicht in der Bevölkerungsstatistik erfasst. Dazu gehören Touristen, Besucher (…), die nur zur Begehung von Straftaten einreisen. Diese Personen werden jedoch in der Kriminalitätsstatistik als Tatverdächtige gezählt, so dass sich allein schon daraus ein merkliches Missverhältnis ergibt.
Drittens ist die Kriminalitätsbelastung der Deutschen und Nichtdeutschen schon aufgrund unterschiedlicher Zusammensetzung der jeweiligen Bevölkerungsanteile (Alters-, Geschlechts- und Sozialstruktur) grundsätzlich nicht vergleichbar.“
Die Antwort zeigt, dass man sehr gut mit Statistiken argumentieren kann – wenn man sie kennt.

Das Buch: „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg!“ Rechtsradikale Propaganda und wie man sie widerlegt.
Herausgeber: Wilfried Stascheit.
Autoren: Jonas Lanig, Marion Schweizer
Verlag an der Ruhr 2005
ISBN 3-86072-992-6
Preis: 18, 50 Euro

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Selbstermächtigung statt Fremdzuschreibungen – Sinti und Roma setzen Zeichen

Wenn über Sinti und Roma in Deutschland gesprochen wird, dann werden meist dieselben stigmatisierenden Beschreibungen gewählt. Antiziganistische Vorurteile halten sich hartnäckig. Dies zeigen auch erste Ergebnisse einer aktuellen Studie. Um dies zu ändern müsse eben auch mehr mit anstatt über Sinti und Roma gesprochen werden, betonen viele ihrer Vertreter*innen. Dies geschieht aber viel zu selten. Daher ist das Wissen über Kultur und Geschichte der größten europäischen Minderheit in der deutschen Mehrheitsgesellschaft viel zu gering. Auch das wollen Sinti und Roma- Vereine und Stiftungen jetzt ändern.

Von Joschka Fröschner

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