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Rechtsextreme Nicknames und Profile Netz-Rechtsextremismus erkennen

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(Quelle: AAS)

Zum Verständnis: Viele der hier genannten Beispiele stammen aus den moderierten Foren von www.belltower.news. Wer hier mitdiskutieren möchte, muss sich anmelden. Jeder User und jede Userin muss sich einen Nutzernamen aussuchen und eine gültige Email-Adresse angeben. Außerdem kann er oder sie »Interessen« angeben (freie Eingabe) und zwei Fragen beantworten (vorgegebene Antworten): »Über Nazis wird …« »1. zu viel diskutiert.« »2. zu wenig diskutiert«, »3. ausreichend diskutiert.« Und »Die NPD sollte…« »1. verboten werden«, » 2. in den Bundestag einziehen«, »3. man ignorieren«. Es ist zum Teil erstaunlich, wie freimütig Menschen selbst in diesem klaren Rahmen – Belltower.news hat Diskussionsregeln, die jede rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Beteiligung ausschließen – ihre Gesinnung preisgeben. Die Beispiele und Recherchetechniken sind übertragbar auf andere Foren oder Pinnwände in sozialen Netzwerken.

NS-Verherrlichung

Neonazis wären keine Neonazis, wenn sie nicht ihren Vorbildern aus der NS-Zeit huldigen würden. Dies tun sie im Internet sehr viel massiver und offener als im realen öffentlichen Raum. Denn: Zumindest bei Websites oder in Foren, deren Server in den USA liegen, ist das Verwenden von NS-Symbolen und –Parolen erlaubt. Das nutzen Neonazis aus der ganzen Welt aus. So gibt es beim Kurznachrichtendienst »Twitter« Nutzer mit Namen wie IIIReich, Heil Hitler, Luftwaffe38 und Werwolf18Aryanblood14 hat einen eigenen Kanal bei Youtube und benutzt als Hintergrundbild einen NS-Reichsadler. Über seinem Profil steht »Weisser Arischer Widerstand«. Auch Wotans Volk zeigt auf youtube offen seine Sympathien für das NS-Regime: »Sieg Heil« ist auf seinem Profil gleich mehrfach zu lesen, im Hintergrund prangen Hakenkreuze, in den verlinkten Videos von Neonazi-Bands sind jede Menge Hitler-Bilder zu sehen. Auf Facebook gibt es eine Gruppe mit dem Titel »Freiheit für Erich Priebke«. Dort wird der 1998 in Italien wegen Kriegsverbrechen verurteilte ehemalige SS-Führer als »unbeugsamer« und »tapferer Soldat« gefeiert. Aber auch auf deutschen Seiten versuchen Neonazis immer wieder offen ihren Idolen aus der NS-Zeit zu huldigen, nennen sich etwa Himmler oder wollen als Adolfs bei Belltower.news mitdiskutieren. Bei SchülerVZ kombinierte ein Nutzer den Nickname Ady H. mit einem Hakenkreuz. Diese Nutzer wurden sofort gesperrt.

Dagegen ist der Nutzername Rudolf zunächst harmlos. Doch ein Blick auf das Myspace-Profil zeigt: die Vielzahl an NS-Symbolen, die dort sichtbar werden, lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass es sich hier um einen Verehrer des verurteilten NSKriegsverbrechers Rudolf Heß handelt. Auch der Nutzername Frundsberg ist auf den ersten Blick alles andere als eindeutig. Hier hilft eine Recherche im Internet weiter. Gibt man den Namen in eine Suchmaschine ein, so erfährt man, dass Georg von Frundsberg laut Wikipedia »ein süddeutscher Soldat und Landsknechtsführer in kaiserlich-habsburgischen Diensten« war – und, dass eine Panzer-Division der SS seinen Namen trug. Letzteres kann auf einen rechtsextremen Nutzer hinweisen. Und richtig: Frundsberg gab in seinem Profil an, dass er sich die NPD im Bundestag wünscht und fiel bei Belltower.news mehrfach durch rechtsextreme Beiträge auf. Etwas raffinierter ging es der Nutzer henry skyler an. Auch dieser Name ist zunächst wenig auffällig. Übersetzt man ihn aber ins Deutsche, wird aus henry skyler der NS-Verbrecher Heinrich Himmler. Ein Blick in das Profil des Nutzers bestätigt die Vermutung: die Rede ist hier von »Black Divisions« (also von den »Schwarzen Divisionen« der SS) und vom »Baseballkeule schwingen«- in diesem Zusammenhang eine mehr als deutliche Anspielung auf rechtsextreme Gewalt. Außerdem wünscht sich auch dieser Nutzer die NPD im Bundestag. Eher skurril wirkt zunächst der Nutzername SiegfriedHeilkraut. Doch in ihm ist die Nazi-Grußformel »Sieg Heil« versteckt. Auch dadurch, dass SiegfriedHeilkraut sich die NPD im Bundestag wünscht, entlarvt er sich als Neonazi. Dem Nutzernamen brainbuck7 allein sieht man dagegen seine Gesinnung nicht an. Doch auch auf seinem Youtube-Profil finden sich rechtsextreme Bilder und Symbole. Ganz verstecken können und wollen Neonazis ihre NS-Verherrlichung nicht.

Zahlencodes

Neonazis verstecken ihre Gesinnung oftmals hinter Zahlencodes, um sich für Eingeweihte zu positionieren, aber nicht für alle sofort als Rechtsextreme erkennbar zu sein. 88 für zweimal den achten Buchstaben im Alphabet (also: HH wie »Heil Hitler«) und 18 für den ersten und den achten Buchstaben (also: AH wie »Adolf Hitler«) sind noch die bekanntesten Beispiele hierfür. Ein weiteres Beispiel ist die 28, die für die Buchstaben B und H stehen- die Abkürzung für das rechtsextreme Netzwerk »Blood and Honour«. Auch die Zahl 14 lässt sich im rechtsextremen Sinne aufladen: Sie steht in diesem Zusammenhang für die »14 words« des amerikanischen Neonazis David Lane: »We must secure the existence of our people and a future for white children« (»Wir müssen die Existenz unseres Volkes und auch die Zukunft unserer weißen Kinder sichern«). Diese Zahlencodes verwenden Neonazis auch im Internet – beispielsweise in ihrem Profilnamen oder in ihrem Profilbild. Manch ein Rechtsextremer meint, im Netz seinen Kommentar mit 88 beschließen zu müssen. Allerdings ist gerade im Internet auch die Verwendung von Alter oder Geburtsdatum in Kombination mit dem Nutzernamen sehr beliebt. Deswegen tauchen die Zahlen 18, 24 und 88 sehr häufig auch bei jugendlichen Internetnutzern ohne rechtsextreme Einstellung auf. Die Verwendung dieser Zahlen allein ist also kein Hinweis auf einen rechtsextremen Internetnutzer! Es müssen weitere Kriterien beachtet werden.

18germania88 lässt sich leicht als Neonazi entlarven. Ebenso wie Todesengel88. Bei Dakom1488 kann man aufgrund der Zahlen »14« und »88« einen rechtsextremen Hintergrund vermuten – der Name Dakom alleine lässt sich aber nicht diesem Zusammenhang zuordnen. Ein weiterer Blick auf das Nutzerprofil bestätigt aber die Vermutung: »Nationaler Sozialismus als einzige alternative zum derzeitigen asozialen kapitalistischem System« ist dort zu lesen. Außerdem wünscht sich der Nutzer die NPD im Bundestag. Die letzten Zweifel beseitigt dann das Youtube-Profil von Dakom1488: »Kein bock auf Zecken« steht dort und »Sozial geht nur National«- eindeutig rechtsextreme Parolen. Ähnlich bei 14Drache88: Auch hier bestätigt der Blick auf das Youtube-Profil die Vermutung. Dort finden sich jede Menge rechtsextreme Symbole und Videos.

Bei 88Schnitte wundert man sich zunächst über die sexistische Eigennamensgebung einer jungen Frau. Doch ein Blick auf die in ihrem Youtube-Kanal veröffentlichten Videos verrät mehr: Dort finden sich offen rechtsextreme Inhalte, die eindeutig der Szene der »Autonomen Nationalisten« zuzuordnen sind. Parolen wie »Zicke statt Zecke« oder »Nationaler Sozialismus« sprechen eine deutliche Sprache. Außerdem finden sich hier zahlreiche Verlinkungen zu Videos rechtsextremer Bands und von Neonazi-Demonstrationen. ralle88 schreibt in seinem Profil, er würde »etwas mehr zu den rechten stehen« und sich die NPD im Bundestag wünschen. Muetze88 schreibt einen Profiltext, der keine Fragen offen lässt: »Ich hasse alle Linken, besonders die Antifa«. Andererseits gibt es bei Freddi-88 keinerlei Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung. Und Mädchen18 schreibt sogar: »Ich finde es einfach enttäuschend, dass es heute bei uns in Deutschland noch Nazis gibt! Haben die denn nix aus den schrecklichen Zeiten des 2. Weltkrieges gelernt?!«.

Rechtsextreme Bands

Häufig verwenden rechtsextreme Internetnutzer in ihrem Profil auch die Namen von Nazi-Bands – Musik ist ein wichtiger Bestandteil des rechtsextremen Lifestyles, besonders für Jugendliche. Rechtsextreme Nutzer verwenden in ihren Nicknames Bandnamen gerne auch in Kombination mit den oben dargestellten Zahlencodes. 88SturmwehrSleipnir1488 und 88landser88 sind Beispiele hierfür. Auch der Name Blitz Radikahl bezieht sich auf die deutsche Rechtsrock-Band »Radikahl«. Ebenfalls beliebt bei Neonazis im Web 2.0 sind die Namen von Frontmännern rechtsextremer Musikgruppen. Gern verwendet wird der Name des tödlich verunglückten und zum »Helden der Szene« gewordenen Sänger der rechtsextremen Band »Skrewdriver«, Ian Stewart. Ein weiterer »Held« ist Michael Lunikoff, Frontmann der als »terroristische Vereinigung« verbotenen Band »Landser«, der heute mit der Band »Lunikoff Verschwörung« weiter rechtsextreme Musik macht. Das Kürzel D.S.T. ist dagegen nur für Kennerinnen und Kenner der Szene deutlich: es steht für die rechtsextreme Band »Deutsch Stolz Treu«. Beim Blick aufs Profil wünscht sich der Nutzer, der diesen Nickname wählte, passend die NPD im Bundestag.

Natürlich muss kein demokratischer Nutzer alle Namen von rechtsextremen Bands oder Musikern kennen, um einen Neonazi im Internet entlarven zu können. Im Zweifelsfall besteht immer die Möglichkeit, sich auf Belltower.news über Musiker und Bands der rechtsextremen Szene zu informieren oder einen verdächtigen Namen einfach bei einer Internet-Suchmaschine einzugeben. Oft hilft wieder ein genauerer Blick auf das entsprechende Profil. So findet man dann beispielsweise heraus, dass ianstewart als seine Interessen »hetzen« angibt, Sleipnir »Linkes Pack ärgern« möchte und Lunikoff sich die NPD im Bundestag wünscht.

Hinweis auf eine rechtsextreme Einstellung sind auch Videos von Neonazi-Bands, die User verlinken oder auf ihr Profil stellen – oder sie unter »Musikgeschmack« auflisten. In den allermeisten Fällen sind dabei die rechtsextremen Videos aber nur die letzte Bestätigung für einen »Anfangsverdacht«. Wer einen rechtsextremen Nutzernamen und rechtsextreme Symbole in seinem Profil zeigt, verlinkt in den allermeisten Fällen auch Videos von Neonazi-Bands.

rock07121982 hat einen unauffälligen Namen und auf seinem Youtube-Profil finden sich keinerlei rechtsextremen Symbole. Aber ein Video ist hier zu sehen: Selbst zusammengeschnittene Bilder vom jugendlichen Nutzer und seinen Freundinnen und Freunden sind zu sehen – dazu erklingt der Song »Freundschaft« der rechtsextremen Gruppe »Sturmwehr«. Außerdem sind viele weitere Videos der Gruppe mit deutlicheren Texten und Symbolen verlinkt. Aber: Zum besagten »Sturmwehr«-Song gibt es auf Youtube zahlreiche selbst geschnittene Freundschafts-Videos. Und bei einigen dieser überwiegend jugendlichen Nutzer finden sich keine weiteren Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung. Auch wenn der Name »Sturmwehr« eigentlich recht eindeutig ist und die Inhalte anderer Lieder dieser Gruppe offensichtlich aus dem rechtsextremen Lager stammen – es besteht durchaus die Möglichkeit, dass zumindest einige dieser Nutzer mit diesem Lied und dem selbst gemachten Video nur ihre Freundschaft bekunden wollten, ohne etwas über den Hintergrund der Band zu wissen oder selbst der rechtsextremen Szene anzugehören. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Jugendliche über Musik an die rechtsextreme Szene herangeführt werden können- sie hören zuerst von »Sturmwehr« ein Lied über Freundschaft, das ihnen gefällt und finden dann – selbst ohne Suchen über die automatischen Vorschlagslisten in sozialen Netzwerken – im Netz weitere Songs dieser Band, die weit weniger harmlos sind. Bei einer gewissen Affinität zu rechtem Gedankengut gefallen ihnen dann auch die Texte dieser Lieder. Besteht diese Affinität nicht, ist beim Lied über Freundschaft Schluss.

Anti-Antifa, Nationalist, Patriot

Jugendliche und »aktionsorientierte« Neonazis organisieren sich bei den als besonders militant geltenden »Freien Kameradschaften« oder bei den »Autonomen Nationalisten«, die auch im Internet sehr aktiv sind. Neben dem Namen »Autonome Nationalisten« (AN) verwenden sie dabei auch Begriffe wie »Nationale Sozialisten« (NS) oder »Nationaler Widerstand« (NW). Die Gruppierungen betreiben eigene Websites, sie besitzen Profile in sozialen Netzwerken und Kanäle bei Video-Portalen. So verbreiten etwa die »AN Schaumburg« in einem eigenen Kanal bei Youtube Videos von Neonazi-Demonstrationen und rechtsextremen Bands. Ebenfalls bei Youtube findet sich auch ein Kanal »Nationaler Widerstand« mit Werbevideos für rechtsextreme Demonstrationen. Die »Nationalen Sozialisten Senftenberg« haben ein Profil mit entsprechenden Inhalten bei myVideo angelegt. Aber auch in Profilen von Einzelpersonen finden sich Symbole, Parolen und Videos der »Autonomen Nationalisten« bzw. »Nationalen Sozialisten«. Das Beispiel von 88Schnitte wurde oben bereits genannt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Profil von Andy Gewehre. Dieser Nutzer verweist mit seinem Namen nicht nur auf eine (vermeintliche) Militanz – in seinem Profilbild finden sich auch das in der Kameradschafts-Szene sehr gebräuchliche (und von der Linken entnommene) Symbol der zwei schwarzen Flaggen und die rechtsextreme Parole »Frei, Sozial, National«. Außerdem ist er Mitglied der Gruppe »Kameradschaft, unsere stärkste Waffe« bei StudiVZ. Der Nutzername Anti-Antifa verweist ebenfalls auf die militante Neonazi-Szene – darunter verstehen Rechtsextreme das Sammeln von Daten vermeintlicher politischer Gegner, die auf rechtsextremen Websites veröffentlicht werden – eine reale Bedrohung für Menschen, die sich gegen Neonazis engagieren. Jemanden, der sich offen Anti-Antifa nennt, sollte man so schnell wie möglich aus einem sozialen Netzwerk verbannen.

Neben diesen offen militanten Namen und Bezügen finden sich bei Neonazis im Netz aber auch vermeintlich »moderate« Selbstbezeichnungen wie NationalistNationalerHeimattreuer oder auch Patriot. Diese Begriffe verwenden Neonazis, um der Szene im Sinne eines »Es ist doch nicht schlimm, für das eigene Volk einzustehen!« einen harmlosen, sogar positiven Anschein zu geben. Der Begriff »Volk« ist dabei aber völkisch-rassistisch aufgeladen und folgt der »Blut und Boden«-Ideologie. Dies unterscheidet die Neonazis dann auch deutlich von demokratisch-konservativen Patrioten. Die Verwendung von vermeintlich harmlosen Nutzernamen steht dabei aber auch oftmals im krassen Widerspruch zum restlichen Nutzerprofil: Der Nutzer heimattreu verwendet beispielsweise auf kwick.de Parolen und Symbole aus dem Spektrum der »Freien Kameradschaften« und der »Autonomen Nationalisten«. SueddeutscherPatriot fiel bei Belltower.news solange mit rechtsextremen Kommentaren auf, bis er gesperrt wurde. Und die Nutzerin mit dem deutlich rassistischen Namen White Alpha verkündet bei StudiVZ stolz, sie sei »100 % Nationalistin und Mama«.

Trotzdem ist immer geboten, nach verschiedenen Anzeichen zu suchen, um niemand unrecht zu tun. Bei Stolzer-Deutscher konnten auf Belltower.news keinerlei Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund gefunden werden. Ebenso wie bei Kein-Nazi-Sondern-Stolz. Ganz im Gegensatz wiederum zu Nur-Stolz-Kein-Nazi und Deutscher, die sich beide die NPD im Bundestag wünschten und solange mit rechtsextremen Beiträgen auffielen, bis sie gesperrt wurden.

Freiheitskampf, Freiheitsdrang, NochbeiVerstand

Neonazis stilisieren sich oft als »echte Demokraten«, als »Kämpfer für wahre (Meinungs-)Freiheit«, als »Kämpfer für die Wahrheit« und als »Träger einer unterdrückten Meinung«. Nutzernamen wie FreiheitskampfWo-ist-die-Freiheit oder Freiheitsdrang zeugen davon. Natürlich muss auch hinter solchen Namen keinesfalls zwangsläufig ein rechtsextremer Nutzer oder eine rechtsextreme Nutzerin stecken. Aber Neonazis verwenden solche Nutzernamen gern: Als Selbstbild vermitteln sie ein positives Image, nach außen nützen sie, um sich als vermeintliches Opfer zu stilisieren. Die »echte Meinungsfreiheit« bedeutet bei Neonazis aber, dass sie den Holocaust leugnen und gegen Minderheiten hetzen möchten. »Nationale Selbstbestimmung« meint im Sinne der Neonazis: »Ausländer, Juden, Besatzer raus!«. Denn: Ihr Ziel ist die homogene »Volksgemeinschaft«. Nutzer Freiheitsdrang ist auf StudiVZ dann auch Mitglied in der Gruppe »Volksgemeinschaft«. Nutzer Freiheitskampf wünscht sich die NPD im Bundestag. Nutzer Freiheit (»NPD in den Bundestag«) fiel bei Belltower.news mehrfach durch rechtsextreme Beiträge auf – und beschwerte sich nach deren Löschung über die »Zensur« auf der Seite.

Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Name Besatzungskind. Hat sich diesen Namen ein Nutzer gegeben, der als Kind die unmittelbare Nachkriegs- und Besatzungszeit miterlebt hat? Die im Profil angegebenen Interessen machen aber bereits stutzig: »Über wirkungsvolle, professionelle Aktionen für eine Stärkung eines gesunden Verhältnisses zur Demokratie und zum eigenen Land diskutieren«. Wenn man bemerkt, dass der Nutzer sich die NPD im Bundestag wünscht, weiß man, was mit »gesundes Verhältnis zum eigenen Land« gemeint ist: Im Sinne der rechtsextremen Szene meint dies die Forderung nach einem »Schlussstrich« unter die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Der Name Besatzungskind meint im Sinne der rechtsextremen Szene also die von den Neonazis herbei halluzinierte Besatzung ihres »Heimatlandes« durch »fremde Mächte« wie die USA und »die Juden«, die – unter anderem – wiederum die »echte Meinungsfreiheit« unterdrückten.

Dem Nutzer NochbeiVerstand möchte man keine rechtsextreme Gesinnung unterstellen. Jedoch: auf dem Profil dieses Nutzers bei Youtube finden sich jede Menge Videos von rechtsextremen Bands, in denen das NS-Regime verherrlicht wird. Darunter ein Video der Band »Signum« mit zahlreichen Bildern des NS-Verbrechers Rudolf Heß. Heß, dessen Selbstmord von der rechtsextremen Szene zu einem Mord durch die Alliierten umgelogen wird, gilt in der Neonazi-Szene als »Märtyrer«. Auch dieser Nutzername entspringt also einer Selbstinszenierung der rechtsextremen Szene – nach dem Motto: »Wir kennen die Wahrheit, wir lassen uns von den Lügen nicht einlullen, wir denken noch eigenständig«. Mit Blick auf das Profil des Nutzers bedeutet aber auch dies: NS-Verherrlichung und Holocaust-Leugnung.

Kriminelle Ausländer, Runen und Ufos

Bei Nutzer-Namen wie Gegen-kriminelle-ausländer verrät bereits die verallgemeinernde, herabwürdigende Wortwahl, dass Kontakt zumindest zum rechtspopulistischen Spektrum besteht. Der Blick auf das Nutzerprofil zeigt: Gegen-kriminelle-ausländer wünscht sich die NPD im Bundestag. Ebenso wie Zecke verrecke. Schwieriger macht es einem da schon der Nutzer TiwazThurisaz. Er hat sich nach zwei germanischen Runen benannt. Dies allein ist selbstverständlich noch kein Hinweis auf eine rechtsextreme Gesinnung. Deutlich wird diese beim Blick auf seinen Youtube-Kanal: Dort finden sich Videos des rechtsextremen Liedermachers Jörg Hähnel und Verweise auf die Neonazi-Seite »Widerstand.info«. Außerdem zeigt sein Profilbild eine schwarz-weiss-rote Flagge des deutschen Reiches – ebenfalls ein in Neonazi-Profilen sehr beliebtes Symbol.

Ein kurioser Fall ist Aldebaraner80. Auf seinem Profil findet sich eine Vielzahl an rechtsextremen Videos, darunter ein Mobilisierungsvideo für den rechtsextremen »Trauermarsch« in Bad Nenndorf. Begibt man sich auf die Suche nach weiteren Informationen zum Namen Aldebaraner, stößt man auf wilde Theorien über »außerirdische Zivilisationen«, die Kontakt zu den Nationalsozialisten aufgenommen haben und ihnen beim Ufo-Bau geholfen haben sollen. Und tatsächlich hat der Nutzer auch ein Ufo-Bild im Profil.

 

Schlussfolgerung

Wenn man Neonazis im Internet erkennen möchte, gilt grundsätzlich: Ist der Nutzername nicht so eindeutig wie Adolf88 oder 88nsdap, sollte man sich im Verdachtsfalle das Profil des Nutzers genauer daraufhin ansehen, ob es dort Hinweise auf eine rechtsextreme Einstellung gibt. Um von einem rechtsextremen Nutzer ausgehen zu können, sollte man mindestens zwei Kriterien finden. Dies ist kein Aufruf zu »Gesinnungsschnüffellei« – man schaut sich ja auch in der realen Welt sein Gegenüber genauer an, bevor man etwa miteinander ins Gespräch kommt oder sich in einer gemeinsamen Gruppe engagiert. Und: in allen oben genannten Beispielen haben die Nutzer ihre Daten freiwillig, absichtlich und öffentlich ins Internet gestellt. Lässt sich eine rechtsextreme Einstellung erkennen, kann dieser User oder die Userin von Betreibern und Moderatorinnen von Gruppen, Foren oder sozialen Netzwerken ausgeschlossen werden, um eine nazifreie Diskussion zu ermöglichen. Die »normale« Userin oder der »normale« User ist mit dieser Erkenntnis über den Mitdiskutanten vorbereitet und kann sich Strategien in der Argumentation überlegen.

Weiteren Aufschluss geben natürlich die Themen und Argumentationen rechtsextremer Internetnutzer. Sie sind Gegenstand des nächsten Kapitels (hier).

Weiterlesen: www.belltower.news/wissen/woran-erkennt-man-die
Artikel zu Zahlen- und Sprachcodes, rechtsextremen Bands, Bekleidungsmarken, Symbolen und Erkennungszeichen

 

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre „Neonazis im Web 2.0: Erscheinungsformen und Gegenstrategien“ von no-nazi.net und Netz gegen Nazis. Hier gibt es die Broschüre zum Download als PDF. Die Printversion ist vergriffen.

| Inhalte der Broschüre auf netz-gegen-nazis.de

P.S.: Die Foren von Belltower.news sind 2013 geschlossen worden, weil sich der Diskurs zunehmend in unsere Kanäle in Sozialen Netzwerken verlagert hatte, wo er bis heute stattfindet.

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