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„Nazis zum anfassen“ DVU-Sommerfest in Finowfurt

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Die Feier der Sonnwende am 21. Juni ist ein vorchristlicher Brauch, der im Nationalsozialismus der Festigung einer germanischen ?Volksgemeinschaft? diente. An diese Tradition knüpft die DVU an, wenn sie ihr jährliches Sommerfest immer am nächstgelegenen Wochenende der Sonnwende veranstaltet. Zum zehnten Mal findet das Fest am 20. Juni 2009 bei Klaus Mann statt, anfangs auf seinem Anwesen in Seefeld (Landkreis Barnim), seit 2007 auf seinem Grundstück in der Gemeinde Schorfheide bei Finowfurt (Landkreis Barnim). Mit Kinderschminken, Ponyreiten, Kremserfahrten und Lagerfeuer soll das Fest gemäßigte bürgerlich-rechte Wählerkreise ansprechen. Die DVU möchte sich ihnen als familienfreundliche ?Partei zum Anfassen? präsentieren. In den letzten Jahren waren unter den bis zu 500 Gästen des DVU-Sommerfestes immer auch einschlägig bekannte Neonazis, beispielsweise von der ?Kameradschaft Spreewacht? aus Berlin.

Schnittstelle zwischen Kameradschaften und DVU

Die ?Kameradschaft Spreewacht? bezeichnet sich auf ihrer Internetseite als ?die moderne Kameradschaft im Herzen der Innenstadt?. Bilder saufender Kameradschaftler, die die Hand zum Hitlergruß recken, und indirekte Gewaltandrohungen und sexistische Beleidigungen gegen Antifa-Gruppen und die Grünen-Abgeordnete Clara Hermann vermitteln dagegen einen realistischeren Eindruck von der dumpfen Neonazi-Schlägertruppe. Im Gästebuch der Kameradschaft hat sich am 1. Mai 2008 ein gewisser Klaus M. eingetragen. Mit ?Heil Euch!!!?, beginnt sein Eintrag, bei dem er seine Freunde nach Finowfurt einlädt und sich mit einem ?Deutschen GruSS 88? verabschiedet.

?Klaus Mann ist eine Schnittstelle zwischen dem rechtsextrem-kleinbürgerlichem Milieu, den rechtsextremen Parteienstrukturen der DVU und NPD und den freien neonazistischen Kameradschaften.?, stellt Kai Jahns, Koordinator für Toleranz und Fremdenfeindlichkeit in Eberswalde, fest. Mit seinen Freunden aus der ?Kameradschaft Spreewacht?, die in Berlin Rechtsrockkonzerte veranstalten, verbindet Klaus Mann der Musikgeschmack. Sein Anwesen ist der meistgenutzte Veranstaltungsort für rechtsextreme Konzerte in Brandenburg. Im letzten Jahr fanden von den insgesamt zwölf Nazi-Konzerten im Bundesland acht bei Klaus Mann in Finowfurt statt. ?Leider kommt das bei der Bevölkerung nicht so richtig an. Die sind relativ blauäugig in Bezug darauf, wer Klaus Mann ist und was er macht?, sagt Kai Jahns. Von einer Gegenveranstaltung des Bündnisses ?Für ein tolerantes Eberswalde (Fete) ? am 19. Juni 2009 in Eberswalde erhofft er sich eine Sensibilisierung der Anwohner.

Zu wenig öffentliche Wahrnehmung

Svenna und Robert von der Antifaschistische Aktion Bernau können Kai Jahns? Eindruck bestätigen. Auch sie sind der Meinung, dass das DVU-Sommerfest als rechtsextreme Veranstaltung bisher zu wenig wahrgenommen wurde. Im letzten Jahr gab es erstmalig eine Gegenkundgebung. In diesem Jahr ist die Antifaschistische Aktion Bernau beteiligt an der Organisation einer Demonstration gegen das DVU-Sommerfest unter dem Motto ?Feste Feiern ohne Nazis – Der DVU den Stecker ziehen?, die am 20. Juni 2009 in Eberswalde stattfinden wird.

Bei der Anmeldung der Demonstration wurden sie von der Stadtverwaltung gefragt, warum sie denn eine solche Veranstaltung machen wollten ? die Leute in Eberswalde wüssten doch überhaupt nichts von dem DVU-Sommerfest. ?Genau deswegen machen wir es ja!?, meint Svenna. Neben dem DVU-Sommerfest soll mit der Demonstration auch auf den ?Outdoor Trecking Laden? in Eberswalde aufmerksam gemacht werden. Dort wird Kleidung einschlägig bekannter Nazi-Marken wie etwa ?Thor Steinar? verkauft. Betrieben wird der Laden von Gordon Reinhold, einem bekannten Neonazi, der in der mittlerweile aufgelösten Kameradschaft Märkischer Heimatschutz aktiv war.

Rechtsextremes Zentrum in Biesenthal

Eng sind die DVU, NPD und Kameradschaftler im Kreis Barnim verbunden. Das Anwesen von Klaus Mann in Finowfurt ist nicht ihr einziger Treffpunkt. Gerade in den letzten Jahren haben sich neue Strukturen herausgebildet, dazu gehört ein Grundstück in Biesenthal mit großer Bedeutung für die Szene. Im Herbst 2008 hat die Devasta GmbH das Gelände gepachtet, ein ehemaliges Asylbewerberheim, das vor der Wende von der Stasi genutzt wurde. Geschäftsführer der Devasta GmbH ist Mike Sandow. Sandow hat die NPD in der Region mitaufgebaut, derzeit hat er für die NPD ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung von Biesenthal und für die DVU im Barnimer Kreistag.

Am 21. März 2009 feierten über hundert Nazis auf dem Gelände in Biesenthal den einjährigen Geburtstag der ?Kameradschaft Märkisch Oder Barnim?. In ähnlicher Größenordnung gab es dort auch am 1. Mai 2009 ein Rechtsrockkonzert. Es wird spekuliert, dass das Gelände in Biesenthal künftig als Schulungsort und Parteizentrale der NPD dienen soll und damit von großer Bedeutung für die regionale Naziszene wird.

Proteste gegen das DVU-Sommerfest

Möglich, dass sich beim DVU-Sommerfest all die regional bekannten Nazis und überregional befreundeten rechtsextremen Gruppierungen einfinden werden. Falls das Konzept der DVU aufgeht, werden auch symphatisierende rechtslastige Familien und Anwohner kommen. Svenna und Robert von der Antifaschistischen Aktion Bernau wollen dafür zumindest die angemessene Aufmerksamkeit: ?Wir wollen nicht, dass das Fest unauffällig und abgeschirmt im Wald bei Finowfurt stattfindet und die Leute einfach wegschauen können.? Dank der verschiedenen Gegenveranstaltungen, die über den ganzen Freitag und Samstag stattfinden, wird ihnen das hoffentlich gelingen.

Gegenveranstaltungen:

19. Juni // 18 Uhr // Chemische Fabrik Eberswalde (Nähe Lagergelände)
Konzert gegen das DVU Sommerfest mit Infoständen, Essen, Trinken und verschiedenen Bands

20. Juni // 14 Uhr // Bahnhof Eberswalde
Antifaschistische Demonstration

20. Juni // 21 Uhr // Jugendklub Exil
Demo Aftershow-Konzert mit Kaput Krauts

Alle Veranstaltungen stehen unter dem Motto ?Feste Feiern ohne Nazis ? Der DVU den Stecker ziehen!?

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