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Julgrüße für inhaftierte Kameraden

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Von Andreas Speit

Auf der Website des „JVA-Report“, die Stefan Richardt aus dem niedersächsischen Carolinensiel verantwortet, betonen sie: „Seit jeher ist das Julfest (?) ein Fest der Gemeinschaft“. In der heutigen Zeit sei es jedoch „nicht jedem unserer Kameraden möglich, das Julfest mit dem engsten Kreis zu feiern“. Für „uns alle ‚da draußen'“, mahnen sie, sei es „die Pflicht“ gerade in dieser Zeit den Kameraden „unsere Verbundenheit“ zu zeigen. Keine „großen Sachen“, nichts teures müsste es sein, betonen sie: „Es reicht eine Karte oder ein Brief mit einigen aufbauenden Worten oder solidarischen Grüßen“.

Seit Jahren bemüht sich der „JVA-Report“ den „Gedankenaustausch, sowie die Knüpfung von Kontakten zwischen Kameraden innerhalb und außerhalb der Kerkermauern“ vorantreiben. Die Intention: Auch in der Haft die Kameraden nicht alleine zu lassen. Sorgt sie doch, dass dort nach einer Verurteilung der Betroffene vielleicht seinen Lebensweg hinterfragt – gar die rechtsextreme Einstellung neu überdenkt. „Solidarität ist eine Waffe“ – ein alter Spruch aus der Linken, prangt auf ihrer Website. Ein Justizvollzugsbeamter kennt den „Report“. Er betont: „Bleiben die Kontakte führt die Haft kaum zum Szeneausstieg“. Gespräche seien da kaum möglich, erzählt der Beamte, der aus beruflichen Gründen lieber anonym bleiben möchte.

Der „JVA-Report“ erschien anfänglich nur als Printfassung. Schlicht und einfach gestaltet. Keine Überraschung, denn in der Haft sind die Möglichkeiten des maßgeblichen Verantwortlichen eingeschränkt. Aus der JVA Brandenburg/Havel gibt Enrico Hilprecht den „Report“ heraus. Wegen Mord sitz er in Haft. 2000 hat er in Dessau Alberto Adriano zu Tode getreten. Das die Publikation erscheint, verwundert den Justizvollzugbeamten nicht. „Da ist vieles möglich, weil nicht alles so genau kontrolliert werden kann“, sagt er. Eine absolute Kontrolle ist nach dem Strafvollzugsgesetz auch kaum möglich, erklärte unlängst Thomas Melzer, brandenburgischer Justizsprecher. Ein Kontaktverbot für Hilprecht könne zudem „nicht verhindern, dass Schreiben über Dritte versandt werden“.

„Solihemd für Kay Diesner“

Auf der Website des „Reports“ finden sich Adressen von Kameraden, Musterbriefe und Tipps fürs Paketsenden. Unter den Anzuschreibenden finden sich auch verurteilte Holocaustleugner wie Ernst Zündel, oder NS-Kriegsverbrecher wie Erich Priebke. Hier auf der Website wirbt Richardt, NPD-Landtagswahlkandidat 2008, auch für ein „Soli-T-Hemd“ für Kay Diesner. In der JVA-Lübeck ist jener Neonazis, der einen Buchhändler anschoss und einen Polizisten tötete. „Freiheit für Kay Diesner“ ziert die Vorderseite des Hemds, die Rückseite, ein Gewehr mit dem Spruch: „Im Kampf gegen Zog“. Eine Kürzel für „Zionist occupation government“. Mit dem Erlös von dem Hemd sollen Diesners Anwaltskosten für eine Anhörung gedeckt werden.

Zum downloaden haben die Macher die Ausgaben des „Reports“ bereitgestellt. Im „JVA-Report“ lassen sie an ihrer Gesinnung keine Zweifel aufkommen. Der Wahn der „zionistischen Besatzungsregierung“ kommt bei mancher Cover-Zeichnung zum tragen. Richter und Demokraten erscheinen als „Juden“. In Artikeln warnen sie offen: „gebt keinem brd-organ auch nur die kleinste Information, denn sie verwenden alles gegen euch (?) Es muss mittlerweile jeder wissen, dass die brd-Polizei Teil des zog ist und die Aufgabe hat: uns Deutsche, die wir noch Deutsche sind und dafür einstehen, zu vernichten“. Sogleich werden Tipps zum Entlarven von „zog-Spitzeln“ gegeben, denn die „Einsamkeit in den Knästen“ würde „schamlos“ ausgenutzt, um Vertrauen zu erschleichen. Interviews mit inhaftierten Kameraden lassen ebenso keine Zweifel über die Intention des Projekts aufkommen. Ein Interviewpartner: Martin Wiese, einst Gründer der „Kameradschaft Süd“ in München und heute wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung inhaftiert. Im September 2003 plante er laut Anklage einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des neuen Jüdischen Kulturzentrums am 9. November 2003 am Münchner St.-Jakobs-Platz. Im „JVA-Report“ führt er seitenweise aus, wie der „nationale Kampf“ geführt werden könnte. Die NPD, so betont er, „verkörpert für mich einen Partei, die nicht aus persönlichen Beweggründen den politischen Kampf bestreitet, sondern um dem deutschen Volk eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen“. Sie im „politischen Kampf“ zu „unterstützen“ lohne sich.

Wegen des Verdachts der Volksverhetzung läuft gerade gegen Richardt ein Ermittlungsverfahren. Das Schwarz-Weiße-Cover der 10. Ausgabe ziert ein SA-Angehöriger mit einer Hakenkreuzarmbinde.

Dieser Text erschien am 26. Dezember auf den Seiten des Störungsmelders. Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung.

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