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Geflüchtete mit Behinderungen „Wir befinden uns in einem Zuständigkeits-Dschungel“

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Wichtige Informationen zu Asylrecht und Behinderung endlich gebündelt. (Quelle: Amadeu Antonio Stiftung)

Regina Reinke arbeitete zwölf Jahre für den Leistungsbereich AsylbLG und  bis 2015 sechs Jahre als Integrationsbeauftragte beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Sie ist eine der Autor_innen des Leitfadens. Mit ihr sprach Lisa Janz.

 

Wie kam der Leitfaden zustande?

Bereits 2014 kam bei einer Fachtagung zu Geflüchteten mit Behinderung der Wunsch auf, die Ergebnisse des Treffens  in einem Leitfaden festzuhalten. Ziel war es, eine bessere und das heißt vor allem eine schnellere gesundheitliche Versorgung für Geflüchtete mit Behinderung in Berlin leisten zu können. Bei einer zweiten Fachtagung 2015 wurden dann die Kriterien für den Leitfaden festgelegt. Das sind im Wesentlichen Fragen der Unterbringung, der Beratung durch Sozialarbeiter_innen und der medizinischen Versorgung. Denn häufig werden einfach durch Unwissen die Möglichkeiten des Leistungsgesetzes nicht voll ausgeschöpft.

 

Was sind besondere Herausforderungen bei der Beratung und Versorgung von Geflüchteten mit Behinderung in Berlin?

Zunächst einmal gibt es gar keinen Überblick darüber, wie viele Menschen in Berlin betroffen sind und Hilfe benötigen. Gemeint sind Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, Menschen mit chronischen oder psychischen Krankheiten. Menschen mit Kriegstraumata. Ja, eigentlich alle Menschen, die mit Einschränkungen hierher kommen. Das Problem ist, dass sehr viele Stellen und Akteure beteiligt  sind. Sich durch den Zuständigkeiten-Dschungel zu kämpfen erfordert viel Zeit und Ausdauer und läuft oft genug ins Leere.

 

Und das bedeutet?

Die Anträge werden nicht bearbeitet oder sind von vorne herein falsch gestellt.  Vor allem weiß niemand so richtig, wer eigentlich für was zuständig ist oder welche Leistungen es gibt. So kommt es zu erheblichen Verzögerungen in der Versorgung.

 

Können Sie das an einem Beispiel-Fall erklären?

Auf der Tagung haben wir zwei konkrete Fälle besprochen. Unter anderem ging es um den kleinen Hisham*. Hisham ist seit seinem zweiten Lebensjahr schwerbehindert. Er braucht im Alltag bei allem Hilfe. Auch seine Mutter benötigt unbedingt Unterstützung bei seiner Versorgung und einen speziell für Hishams Bedürfnisse angepassten Rollstuhl. Der Junge kam mit seiner Familie 2012 in Deutschland an. Monate lang passierte nichts. Mails wurden nicht beantwortet, Zuständigkeiten hin- und hergeschoben. Erst im November 2014 hatte sich seine Versorgungssituation deutlich verbessert. Auf einer früheren Tagung des Vereins MenschenKind wurden über 40 Fälle von betroffenen Kindern und Jugendlichen gesammelt.

 

Wie leistet der Leitfaden konkret Hilfe für Menschen wie Hisham?

Der Leitfaden ist ein Wegweiser für die vielen beteiligten Akteure. Durch ihn kann Zeit gespart werden und er bietet einen Überblick, was konkret zu tun ist. Das Wichtigste aber ist, dass er rechtliche Aufklärung für die betroffenen Menschen bietet.

 

Gibt es schon Reaktionen?

Die Nachfrage ist sehr groß. Die gedruckten Exemplare sind fast vergriffen. Aus allen Bereichen: Schule, Gesundheitsversorgung, Unterkünfte, wird der Leitfaden nachgefragt und dankbar angenommen.

 

*Anm. der Redaktion: der Name wurde geändert

 

Hier geht’s zum Leitfaden:

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/leitfaden-medizinische-versorgung-von-fluechtlingen-mit-behinderung-in-berlin.pdf

Weitere Infos:

http://www.menschenkind-berlin.de/

http://www.migration-info.de/artikel/2014-12-11/fluechtlinge-behinderung-menschen-besonders-prekaeren-situation

Tipps für die Berichterstattung über Menschen mit Behinderung gibt es hier:

Leidmedien.de 

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