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Bürgerbewegung Pro Köln

Dabei sind die maßgeblichen Personen bei PRO KÖLN dem extrem rechten Lager zuzuordnen, die Inhalte sind geprägt von teils verklausuliertem, teils offenem Rassismus, Ausgrenzung von Minderheiten und einem tendenziell völkisch besetzten Nationalismus.

Im Sommer 1996 wurde PRO KÖLN als Verein gegründet, spielte jedoch zunächst politisch noch keine Rolle. Dieses änderte sich nach den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen 1999, bei denen die extrem rechte DEUTSCHE LIGA FÜR VOLK UND HEIMAT (DLVH) mit 0,1 Prozent gescheitert war. Diverse lokale DLVH-Funktionsträger, allen voran der Kölner Verleger Manfred Rouhs und der Leverkusener Rechtsanwalt Markus Beisicht, sattelten nun auf PRO KÖLN um. Auch viele andere PRO-KÖLN-Aktivisten entstammen der extremen Rechten. Bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen im Jahre 2004 gelang PRO KÖLN trotz ihres offenkundigen extrem rechten Charakters ein Wahlerfolg: 16.531 Wählerinnen und Wähler bescherten der Gruppierung 4,7 Prozent bei der Wahl zum Kölner Stadtrat. Seitdem ist die PRO KÖLN mit vier Mandaten im Stadtrat vertreten, ein fünftes folgte später durch den Übertritt eines Ratsherrn der Republikaner.

Federführende Akteure von PRO KÖLN sind der aktuell amtierende Vereinsvorsitzende Markus Beisicht, die geschäftsführende stellvertretende Vereinsvorsitzende sowie Fraktionsvorsitzende Judith Wolter, der Politologe und zweite stellvertretende PRO-KÖLN-Vorsitzende Markus Wiener, Angestellter der Ratsfraktion, sowie der formell nur als Kassenwart des Vereins auftretende Fraktionsgeschäftsführer Manfred Rouhs. Laut Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums NRW für das Jahr 2007 hat PRO KÖLN zirka 120 Mitglieder, die Organisation selber sprach in einer Mitteilung vom 20. März 2008 von 364 Mitgliedern.

Mit der offensiv vertretenen Eigenbezeichnung ?rechtspopulistisch? versucht sich PRO KÖLN als ?nonkonforme, politisch unkorrekte? Kraft von Rechts darzustellen und ins etablierte Parteiengefüge vorzudringen. Bereits in dem als ?undogmatisch, überparteilich und ohne Tabus? charakterisierten Grundsatzprogramm bedient sich die Bürgerbewegung inhaltlich wie in der Wortwahl eines plakativen Stils, der typisch für rechtspopulistische Kampagnen ist: Vorhandene Missstände werden verallgemeinert und zugespitzt mit dem Ziel, bestehende Vorurteilen aufzugreifen und Feindbilder aufzubauen, gegenüber dem man sich schließlich selbst als einzige moralische Instanz und politische Ordnungskraft inszeniert, welche die Sorgen der Bevölkerung aufzunehmen bereit ist. ?Jugendliche Roma-Klau-Kids, die nunmehr über Jahre die ganze Stadt terrorisieren, gehören unverzüglich abgeschoben?, wird unter dem Punkt ?Sicherheit für Köln? gefordert.

Das Thema Migration wird – wie bereits bei der DLVH – fast ausschließlich über das Thema Kriminalität vermittelt: Die Zuwanderungspolitik könne ?angesichts des hohen Ausländeranteils in vielen Veedeln und Schulen [?] nur überaus restriktiv sein. Kriminelle Ausländer mißbrauchen unser Gastrecht und gehören unverzüglich ausgewiesen.? Dabei werden in agitatorischer Absicht soziale Fragen ethnisiert bzw. auf marginalisierte Gruppen bezogen. Zur Entlastung des städtischen Haushaltes müsse lediglich dem ?Sozialhilfe-Mißbrauch ein Riegel vorgeschoben? und ?Illegale konsequent abgeschoben werden?, schlägt PRO KÖLN vor. Es geht der rechtspopulistischen Organisation nicht um differenzierte Betrachtung oder die Entwicklung von Lösungsansätzen für soziale Aufgaben und Probleme, sondern schlicht um die Bündelung von Ressentiments. Mit lokalpolitischen Forderungen, die sich auf Allgemeinplätze wie ein ?offensives City- und Veedel-Marketing?, Förderung mittelständischer Unternehmern? und ?Abfallvermeidung? beschränken, inszeniert sich PRO KÖLN als handlungsorientierte Interessensvertretung, die sich für kommunale Belange einsetzt. Im Mittelpunkt steht das beständige Anprangern des Kölner Klüngels, wobei suggeriert wird, dass PRO KÖLN als ?Anwalt der kleinen Leute? gegen das Establishment auftritt. ?Die politische Klasse dieser Stadt hat abgewirtschaftet und ist aufgrund der unzähligen Skandale moralisch diskreditiert. CDU und SPD in Köln stehen für Bestechung, Vorteilsnahme, Ämterpatronage, schwarze Kassen, Spendenskandale und Betrügereien zu Lasten der Bürger?, heißt es in einem der ?6 Punkte pro Köln?. Die programmatischen Aussagen folgen der populistischen Basiserzählung, die sich an der immergleichen Konfliktlinie ausrichtet: Das Volk gegen die politischen und kulturellen Eliten und deren ?Günstlinge?. Um wen es sich bei letzteren handelt, wurde in einer früheren Version des Grundsatzprogramms benannt: ?Nicht länger unterstützt werden sollen verfassungsfeindliche Extremisten, Schwulen- und Lesbengruppen sowie obskure Multi-Kulti-Projekte von Alt-68-ern.?

Die politische Agenda PRO KÖLNs konzentriert sich auf die Punkte, mittels derer man glaubt, an die diskriminierenden Einstellungsmuster, die bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein geteilt werden, anknüpfen zu können. ?Mit unseren Schwerpunkten ? Kampf gegen Multikulti-Auswüchse, Kriminalität und Korruption ? haben wir eine ernstzunehmende, seriöse Opposition von rechts aufbauen können?, bewirbt Markus Beisicht das PRO-KÖLN-Modell. Das Konzept sieht vor, ?sensible? Themen in ausgrenzender Stoßrichtung zuzuspitzen um sich dabei als ?Vollstrecker? von gesellschaftlich angeblich berechtigten Interessen darzustellen. Besonders entgegen kommen PRO KÖLN daher Aktivitäten lokaler Initiativen gegen als störend empfundene Gruppen ohne gesellschaftliche Lobby. Beispielhaft zeigen lässt sich das an den Konflikten in Köln-Poll um ein (überfülltes) Wohnheim von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Hier gelang es PRO KÖLN, erfolgreich an den teilweise rassistisch aufgeladen Protesten von Anwohnern anzuknüpfen. In anderen Fällen wie in Köln-Merkenich gründete PRO KÖLN selbst eine ?Anwohnerinitiative?, um gegen ein Flüchtlingsheim zu agitieren. Das Vorgehen der Rechtspopulisten orientiert sich immer an einem ähnlichen Schema, das Manfred Rouhs in einem Strategieseminar in Köln am 28.02.2006 als beispielhaft für andere Kommunen skizzierte: ?Und sobald im Segment Multi-Kulturalismus irgend etwas geschieht, was unseren Widerspruch herausfordert, werden wir dazu eine Petition aufsetzen.? Ziel ist die Behandlung des eingereichten ?Bürgerantrages? im zuständigen Beschwerdeausschuss der Kommune, der dann wiederum genutzt werden soll für weitere Selbstinszenierungen. Bürgerinnen und Bürger, die – vielleicht auch ohne Kenntnis des Wirkens dieser Gruppierung – ihre Unterschrift unter eine der Petitionen setzen, werden damit zugleich von der ?Bewegung? erfasst, katalogisiert und mit Werbematerial beschickt. Dass die Adressenerfassung mittels Petitionen als ?Kerngeschäft? bezeichnet wird, bringt deutlich zum Ausdruck, welche Strategie verfolgt wird: Die Instrumentalisierung kommunalpolitischer Mitbestimmungs- und Beschwerdemöglichkeiten für eigene Wahlkampfambitionen.

Hierbei sind bedenkliche Entwicklungen zu verzeichnen, denn trotz rechtlicher Unklarheiten muss konstatiert werden, dass es PRO KÖLN mit diesen Inszenierungen gelungen ist, über 20.000 Unterschriften gegen einen geplanten Moscheebau in Köln-Ehrenfeld präsentieren zu können.

Anti-Islam-Kampagnen, die in der Agitation gegen Moscheen ihren Ausdruck finden, sind derzeit das zentrale Thema der bundesdeutschen und der europäischen Rechten, da sie als gesamtgesellschaftlich konsensfähig vermutet werden. Nicht ganz zu unrecht: Seit einigen Jahren verzeichnen empirische Befragungen einen rapiden Anstieg pauschaler Ablehnung von Muslimen. PRO KÖLN bewirkt mit der pauschalen Verknüpfung des Themas Islam mit Zuwanderungsfragen und Integrationsproblemen eine unsachliche Emotionalisierung und Kulturalisierung der öffentlichen Debatte. Hierbei sind mangelnde Differenzierungen zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als extremistischer politischer Bewegung nahezu an der Tagesordnung. In Ehrenfeld war es erneut eine mit PRO KÖLN eng verbandelte Anwohnerinitiative, die Unterschriften sammelte und in dem Kölner Stadtteil massiv Propaganda mittels Flugblättern, Postwurfsendungen und Plakaten gegen den von der türkischen DITIB geplanten Moschee(um)bau betrieb. Zum Aktionsrepertoire PRO KÖLNs zählen ebenfalls Demonstrationen wie zugleich der Besuch öffentlicher Versammlungen zu dem jeweils kampagnenförmig aufbereiteten Thema, um dort gemäß der ?Strategie der Wortergreifung? lautstark mit der eigenen Position zu dominieren. War ein PRO-KÖLN-Aufmarsch 2003 gegen eine geplante Moschee in Köln-Chorweiler und Köln-Mülheim noch mit Hilfe der NPD durchgeführt werden, verzichtete man 2006 auf die Unterstützung durch die zunehmend als Konkurrenz verstandene Partei. Die rechtspopulistische Vereinigung weiß, dass sie sich nicht dauerhaft als einflussreiche politische Kraft mit Einfluss auf das parlamentarische Geschehen Kölns etablieren kann, ohne sich vom Stigma des Rechtsextremismus zu befreien. Daher bemüht sie sich vehement um verbale Distanz zur übrigen extremen Rechten und richtet ihre Werbung vielmehr auf konservative Kräfte. Inzwischen sind der ehemalige Ehrenfelder CDU-Vorsitzende und stellvertretende Bezirksbürgermeister Jörg Uckermann sowie weitere Mitglieder der Christdemokraten zu PRO KÖLN übergetreten. Damit bildet PRO KÖLN nun auch in Ehrenfeld eine eigene Fraktion.

PRO KÖLN versteht die Beiträge von Mitgliedern im Rat, in den Ausschüssen und den Bezirksvertretungen als ?beständig konsequente Oppositionsarbeit in den städtischen Gremien.? Den Erfolg ihrer angeblich ?sachbezogenen Politik? macht die Fraktion dabei an quantifizierbaren Angaben, sprich den vielen Anfragen und Anträgen, fest.

Die Themenpalette orientiert sich dabei größtenteils an den Inhalten, die PRO KÖLN bereits vor den Kommunalwahlen propagandistisch aufzubereiten versuchte: ?Moscheebau? ?Bleiberechtsregelung für geduldete Ausländer? oder ?Gewalt von jungen Männern mit Zuwanderungshintergrund? oder ?Islamistische Aktivitäten im Schulbereich?. Zwar ist man notwendigerweise um sprachliche Mäßigung bemüht, doch werden, wie im Antrag auf einen ?Situationsbericht zur Islamisierung der Stadt Köln?, bewusst fremdenfeindliche Unterströmungen angesprochen. Ergänzt werden diese Beiträge durch schriftlich fixierte Forderungen zum kommunalpolitischen Alltagsgeschäft wie Lärmschutz, Hundesteuer oder zur städtischen Beleuchtung.

Trotz ihrer Selbststilisierung als ?nonkonform? und ?rechtspopulistisch? ist PRO KÖLN politisch dem extrem rechten Parteienlager zuzuordnen. Ob es den Strategen dieser Rechtsaußen-Gruppierung im Gewand einer ?Bürgerbewegung? gelingen wird, dieses Modell landesweit zu exportieren, hängt entscheidend von dem Entfaltungsgrad präventiver Aufklärung über deren rechtspopulistische Methodik ab.

Dieser Text ist eine erheblich gekürzte und leicht modifizierte Vorab-Version eines Beitrags aus dem Sammelband von Alexander Häusler (Hrsg.): ?Gegen Islam und Moscheebau?. Neue Kampagnenthemen der extremen Rechten am Beispiel der rechtspopulistischen ?Bürgerbewegung PRO KÖLN/PRO NRW? ? Erscheinungsformen und kommunale Gegenstrategien. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008 (i.E.)

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