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09.11.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Anklage gegen Zschäpe lautet auf Mord +++ MAD-Chef sagt vor NSU-Ausschuss aus: Bundeswehr duldete Rechte +++ V-Mann-Affäre und geschredderte Akten: Ist Frank Henkel überfordert?

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Anklage gegen Zschäpe lautet auf Mord

Im Fall NSU hat die Bundesanwaltschaft gegen Beate Zschäpe die härteste Anklage erhoben, die möglich erschien. Der 37-jährigen Frau wird vorgeworfen, die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ mitgegründet und sich „mittäterschaftlich“ an der Ermordung von zehn Menschen, an mehreren versuchten Morden und an 15 Raubüberfällen beteiligt zu haben. Außerdem hält die Bundesanwaltschaft Zschäpe der besonders schweren Brandstiftung für schuldig. (Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Spiegel Online) Neben Zschäpe sollen sich vier weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Dies teilte Generalbundesanwalt Harald Range am Donnerstag in Karlsruhe nach der Anklageerhebung wegen der Verbrechen der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) mit. Zu den vier ebenfalls angeklagten mutmaßlichen NSU-Unterstützern gehört laut Range der Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Er soll sich wie auch der Mitangeklagte Carsten S. wegen Beihilfe zum Mord verantworten. Ebenfalls angeklagt wurde der mutmaßliche NSU-Unterstützer Andre E., der Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag des NSU in Köln geleistet haben soll. Dem fünften Angeklagten Holger G. wird Unterstützung des NSU in drei Fällen zur Last gelegt. (Thüringer Allgemeine, Endstation Rechts) Die „taz“ kommentiert, der Staat zeige mit der Anklage zwar Härte, aber: „Die scharfe Anklage kann das Versagen der Behörden nicht vergessen machen.“ (taz) Unterdessen hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Jahr nach dem Auffliegen des NSU im Bundestag zu einer „neuen Entschlossenheit“ im Kampf gegen den Rechtsextremismus aufgerufen. (Stern.de)

MAD-Chef sagt vor NSU-Ausschuss aus: Bundeswehr duldete Rechte

Die Bundeswehr hat jahrelang Rechtsextreme in ihren Reihen geduldet. Das brachte eine Sondersitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag ans Licht. Bis zum Ende der 1990er Jahre seien Wehrpflichtige mit rechtsextremer Gesinnung in der Regel nicht entlassen worden, berichtete der frühere MAD-Abteilungsleiter Dieter Huth. Die Obleute kritisierten die Praxis und beklagten auch, dass Hinweise auf die Zwickauer Terrorzelle beim MAD gelandet, aber später nicht weiterverfolgt worden seien. Mehrere Parlamentarier stellten die Existenzberechtigung des MAD infrage. (n-tv) Huth bestätigte außerdem, dass dass der spätere NSU-Terrorist Uwe Mundlos dem MAD als potenzieller Informant gegolten habe. Der Nachrichtendienst habe bei einer Befragung von Mundlos 1995 testen wollen, ob dieser bereit sei, als Informant zu arbeiten. (Berliner Zeitung)

V-Mann-Affäre und geschredderte Akten: Ist Frank Henkel überfordert?

„Wissen Sie überhaupt, was in Ihrem Haus los ist?“ Als Innensenator Frank Henkel am Donnerstag im Abgeordnetenhaus erscheint, erntet er stürmische Entrüstung. Erst die V-Mann-Affäre und jetzt der Skandal um geschredderte Akten. Ist der CDU-Mann seinem Amt noch gewachsen? (Tagesspiegel, Berliner Zeitung) Auch die „taz“ meint, der Eindruck verstärke sich, dass der CDU-Mann seine Behörde nicht im Griff habe. (taz)

Amadeu Antonio Stiftung vergibt erneut Sächsischen Förderpreis für Demokratie

Der Sächsische Förderpreis für Demokratie wird am Freitag zum sechsten Mal verliehen. Vergeben werden zwei Hauptpreise von jeweils 5.000 Euro, wie die Amadeu Antonio Stiftung am Montag mitteilte. Die Laudatio hält Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Insgesamt sind zehn Initiativen aus Sachsen nominiert, die sich in herausragender Weise für Demokratie und Menschenrechte, gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen. (T-Online) Die nominierten Initiativen werden auf „Mut gegen rechte Gewalt“ vorgestellt. (Mut gegen rechte Gewalt)

NPD-Aufmarsch Wolgast: Kreis will Nazis weiter ausbremsen

Nach der Genehmigung des für Freitag geplanten NPD-Aufmarschs durch das Verwaltungsgericht geht der Landkreis in die nächste Instanz. Mit einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht will er den Aufmarsch in letzter Minute verhindern. (Nordkurier) Unterdessen berichtet „Spiegel Online“ über das rechtsextreme Image der Stadt. (Spiegel Online)

Rassismus bei der Polizei in Frankfurt: Aussage steht gegen Aussage

Die Prügel-Vorwürfe gegen vier Frankfurter Polizisten haben teils heftige Reaktionen ausgelöst. Wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft bestätigte, ermittelt sie gegen die Beamten des 6. Polizeireviers, die den 41 Jahre alten Derege Wevelsiep am 17. Oktober bei einer Ausweiskontrolle an der U-Bahn-Station Bornheim-Mitte bewusstlos geschlagen haben sollen. Allerdings sei auch ein Verfahren gegen Wevelsiep eingeleitet worden. Die Beamten beschuldigten ihn der Beleidigung. Er habe sie als „Nazis“ beschimpft. (Frankfurter Rundschau)

Dortmund: Neonazi-Szene hat sich neu formiert – Aufmarsch angemeldet

Nach dem Verbot des Nationalen Widerstands Dortmund lautete die Frage: Wie lange braucht die Szene, um sich neu zu formieren? Die Antwort: nicht mal drei Monate. Die neue Partei „Die Rechte“ dient als Auffangbecken für die Mitglieder. Für den 1. Mai 2013 ist bereits ein Aufzug angemeldet. (Der Westen, WDR-Online)

8. November 1992: Die tragische Demonstration

Als Reaktion auf die rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen fand am 8. November 1992 in Berlin eine riesige Demonstration statt: 350.000 Menschen demonstrierten unter dem Motto “Die Würde des Menschen ist unantastbar“ gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit. Im Detail ging es der überwältigenden Mehrheit der Demonstranten darum, die damals drohende Einschränkung des Asylrechts zu verhindern. Trotzdem einigten sich CDU/CSU, FDP und SPD am 6. Dezember 1992 darauf, dieses Grundrecht massiv zu verstümmeln – und entsprachen damit teilweise dem Willen des rechtsextremen Mobs von Rostock-Lichtenhagen. (Publikative.org)

Nach nur einem Jahr Gefängnis: Altermedia-Hetzer Rupprecht kommt in offenen Vollzug

Zuletzt waren Gerüchte laut geworden, der ehemalige Altermedia-Betreiber Robert Rupprecht sei Spitzel des Verfassungsschutzes gewesen. Diese bekommen nun neue Nahrung, denn der Stralsunder Neonazi bekommt nach zwölf Monaten Gefängnis spürbare Hafterleichterungen – absitzen sollte er ursprünglich mehr als zwei Jahre. (Endstation Rechts)

Verhöhnung der Opfer: Stadt Trier verbietet NPD-Kundgebung

Die von der NPD für heute angemeldete Kundgebung „Gegen die Herrschaft des Kapitals – Wir sind das Volk“ ist von der Stadt Trier verboten worden. Oberbürgermeister Klaus Jensen spricht von einer „Verhöhnung der Opfer der Nazi-Tyrannei“. (Trierischer Volksfreund) In Essen wurde dagegen das Entzünden von Fackeln bei einem NPD-Aufmarsch verboten: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sieht im Entzünden von Fackeln bei der Kundgebung am Freitagabend in Altenessen eine erhebliche Provokation am Jahrestag der Reichspogromnacht. (Der Westen)

Köln: „Arsch Huh“ reloaded

Auf den Tag genau 20 Jahre nach der großen „Arsch huh“-Veranstaltung gegen Rassismus auf dem Kölner Chlodwigplatz findet am 9. November erneut eine Kundgebung mit einem großen Open-Air-Konzert statt. Viele der 1992 beteiligten Künstler stehen auch in diesem Jahr wieder auf der Bühne, für die sich die Veranstalter bei der Neuauflage aus Sicherheitsgründen einen neuen Ort gesucht haben. Auf dem Gelände der Deutzer Werft am Rheinufer werden unter anderem BAP, die Bläck Fööss, Brings, die Höhner und die Zeltinger-Band auftreten. Begleitet werden sie von jungen und internationalen Künstlern, wie der türkischen Punkrock-Band Athena und der bunt gemischten Folk-Band Hop Stop Banda. Highlight des Konzerts ist ein gemeinsames Stück aller Künstler: „Unser Stammbaum“ von den Bläck Fööss. (Welt Online)

Dresden: Rechtsextremer Werbefeldzug

Für den jährlichen braunen Gedenkkult anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 wird schon jetzt kräftig die Werbetrommel gerührt. So ist wieder ein Protestmarsch für den 13. Februar angemeldet. (blick nach rechts)

Räumungsklage gescheitert: Thor Steinar wohl bis 2016 in Glinde

Der Vermieter des Ladens, in dem die umstrittene Modemarke Thor Steinar in Glinde bei Hamburg ihre Kleidung verkauft, ist heute vor dem Landgericht Lübeck mit seiner Räumungsklage gescheitert. Er konnte in der Verhandlung nicht den Beweis erbringen, während der Verhandlungen getäuscht worden zu sein. (Endstation Rechts)

Neonazis dürfen durch Wunsiedel marschieren

Das Verbot einer für den 17. November geplanten Versammlung von Rechtsextremen im oberfränkischen Wunsiedel ist vom Verwaltungsgericht Bayreuth aufgehoben worden. Nach Angaben vom Donnerstag liegen nach Ansicht des Gerichts keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für eine beabsichtigte „Umwidmung“ der Veranstaltung in eine Rudolf-Heß-Kundgebung vor. (Nordbayern.de)

Die Novemberpogrome 1938

Vom 7. bis 10. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich mehr als 1.500 Synagogen und Betstuben, rund 7.500 Geschäfte jüdischer Inhaber, tausende Wohnungen jüdischer Mieter sowie Dutzende Gemeindehäuser und Friedhofskapellen. Etwa 400 Menschen wurden direkt ermordet, 900 bis 1.100 weitere starben noch nach den Ausschreitungen infolge der erlittenen Misshandlungen. Die Pogrome markieren einen Wendepunkt in der antisemitischen Politik des Dritten Reiches. Gestapo und SS übernahmen zunehmend die systematische Verfolgung der Juden, der „Krawallantisemitismus“ von Partei und SA trat immer mehr in den Hintergrund. (Publikative.org, Endstation Rechts) Unterdessen forderte Thüringens Kultusminister Christoph Matschie (SPD) vor dem Hintergrund der Reichspogromnacht eine entschiedene Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus. (Thüringer Allgemeine)

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Befragung zu Hate Speech Eine massive Einschränkung der Meinungsvielfalt

Die Ermordung von Walter Lübcke hat in erschreckender Weise gezeigt, welche drastischen Konsequenzen online geäußerter Hass haben kann. Eine Befragung kommt nun zu dem Ergebnis: Jede*r zwölfte Internet-Nutzer*in war schon einmal von abwertenden Angriffen im Netz betroffen. Mehr als die Hälfte der Deutschen will sich in Zukunft mit Meinungsäußerungen im Internet zurückhalten, weil sie Angst vor Hasskommentaren haben.

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